„Wind of Change“ im Westen – Trump gewinnt und Deutschland verliert / Scholz wird gehen müssen

Von Hans-Geog Münster

Vor 35 Jahren fiel die Berliner Mauer. Der Kalte Krieg ging zu Ende. Das Lied der deutschen Rockgruppe Scorpions „Wind of Change“ war die Hymne dieser Zeit. Tatsächlich glaubte man an ein neues Zeitalter mit Partnerschaft, Sicherheit, Wohlstand und Frieden. Leider war die Zeit nur kurz, aber der Wind des Wandels lässt sich auf Dauer nicht aufhalten und weht auf einmal im Westen. Der von deutschen Medien als verbrecherischer Extremist beschimpfte Donald Trump ist von einer breiten Mehrheit der Amerikaner zum nächsten Präsidenten gewählt worden, auch wenn man in Deutschland bis zum Schluss die Demokratin Kamala Harris in einem angeblichen Kopf-an-Kopf-Rennen leicht vorn gesehen hat. Es ist in der deutschen Politik und den Medien aber keine neue Erfahrung, dass Wunschvorstellungen und Realität verwechselt werden. Zugleich zerbrach in Berlin die Ampelkoalition von SPD, Grünen und FDP. Das war kein Zufall, sondern logische Folge der sich ändernden Machtverhältnisse in den USA und vielleicht auch in der Welt. 

Die Berliner Regierung und Kanzler Olaf Scholz (SPD) werden ab Januar 2025, wenn Trumps Präsidentschaft beginnt, zwischen allen Fronten stehen. Das ist ein altes deutsches Dilemma, was bereits 1914 im Ersten Weltkrieg und ab 1941 mit dem Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion zu erleben war. Diese Bundesregierung hat alle Drähte zu Russland zerschnitten, die Handels- und Finanzbeziehungen eingestellt. Genauso wie Trump wird auch Wladimir Putin von Berlin abwechselnd als Verbrecher oder Autokrat attackiert. Selbst in der Stunde des Rauswurfes von Finanzminister Christian Lindner (FDP) und damit dem Ende der Ampel-Koalition beschimpfte Scholz Russland und sicherte der korrupten ukrainischen Regierung ein Höchstmaß deutscher Unterstützung zu, sollten die USA ihre Unterstützung verringern oder gar einstellen. Otto von Bismarck, der letzte geopolitisch erfolgreiche deutsche Politiker, würde sich im Grabe umdrehen, wenn er erfahren würde, welche Worte heute aus der Berliner Regierungszentrale kommen und dass eine deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) durch die Welt reist und ausländische Regierungschefs als Diktatoren bezeichnet.

Die Berliner Ampel-Koalition ist an ihrer dilettantischen Einschätzung der Welt und der Wirtschaft sowie an der religiösen Überhöhung ihrer Klimapolitik gescheitert. Wer die Brücken nach Russland abbricht und keine preiswerte Energie mehr will, sondern sich der Biden-Administration an den Hals wirft, von den USA völlig überteuertes Erdgas kauft und dazu noch Milliardensummen zur Finanzierung des Ukraine Krieges zum Fenster hinauswirft, darf sich nicht wundern, wenn die deutsche Wirtschaft erst still steht und dann zusammenbricht. Wenn sich nichts ändert, verliert Deutschland seinen industriellen Kern und seine wirtschaftliche Führungsrolle in der Europäischen Union. Dann heißt es in Brüssel nicht mehr, Deutschland zahlt, was das Verhältnis zwischen Berlin und Paris und Rom schnell abkühlen lassen dürfte. Das EU-System ist eine gigantische Umverteilungsmaschine zu Lasten Deutschlands. Kann Berlin weniger oder nicht mehr zahlen, brechen EU und Euro-Währung zusammen. 

Trump wirkt auf die deutsche Krise wie ein Brandbeschleuniger. Natürlich weiß die SPD-Führung, speziell ihr Fraktionsvorsitzender Rolf Mützenich, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der Trump als Hassprediger bezeichnete, keinen Termin mehr in Washington bekommen wird. Das dürfte auch für Scholz und Baerbock gelten. Stattdessen wird Trump, dessen Administration wie alle amerikanischen Regierungen geopolitisch zu denken pflegt, eine dicke Rechnung nach Berlin schicken. Deutschland wird für die NATO einen wesentlich höheren Betrag als die versprochenen zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausgeben müssen; es wird die Bundeswehr aufrüsten und mindestens eine zusätzliche Division aufstellen müssen. Dabei fehlen jetzt schon sechs Milliarden Euro im Verteidigungshaushalt für 2025. Vorbereitungen für die Wiedereinführung eines Wehrdienstes laufen bereits. Ohne Kontakte nach Washington wird die Bundesregierung auch nichts gegen die von Trump geplanten Einfuhrzölle für europäische Waren ausrichten können. Und für den neuen Präsidenten ist auch die gouvernantenhafte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen kein Gesprächspartner. Sie steht in einer Linie mit Scholz und den besserwisserischen Grünen. Folglich müssen die Europäer, wenn sie mit der US-Administration wieder ins Gespräch kommen wollen, die ideologisch verbohrte von der Leyen durch einen Realpolitiker austauschen. Ob das reicht, um auf die USA Einfluss bezüglich ihrer China-Politik zu nehmen, ist fraglich. Bei einem Handelskrieg der USA mit China oder bei einer Eskalation des Taiwan-Konflikts wäre Deutschland wegen seiner Abhängigkeit von chinesischen Produkten und Rohstoffen massiv betroffen. 

Doch ein personeller Austausch kündigt sich in Berlin an. Olaf Scholz ist der unbeliebteste deutsche Politiker. Mit ihm in den nächsten Wahlkampf zu ziehen, würde für die SPD ein Absacken von 25,7 Prozent (2021) auf vielleicht noch 15 Prozent bedeuten, womit sie allerhöchstens noch als Juniorpartner in einer Koalition mit der CDU/CSU mitregieren würde. Deren Vorsitzender Friedrich Merz gilt zwar als amerikahörig und als bedingungsloser Unterstützer der Ukraine, würde jedoch als Kanzler von der SPD gebremst werden. Außenpolitisch stehen derzeit nur die Grünen auf der Seite der CDU/CSU, die aber mit ihrer völlig untauglichen Wirtschafts- und Klimapolitik etwa die Hälfte ihrer Wählerschaft vergrault haben. Gleichzeitig wachsen an den politischen Rändern die AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht weiter an, die beide ein Ende der Auseinandersetzung in der Ukraine fordern und auch die USA und NATO distanzierter betrachten. 

Zwar glaubt Scholz selbst, dass nur er den Machterhalt der SPD sichern kann (das war auch schon bei Gerhard Schröder 2005 so), doch im SPD-Parteivorstand wird längst überlegt, den Bundeskanzler nach der absehbaren Niederlage bei der angekündigten Vertrauensabstimmung im Bundestag aufs Altenteil zu schicken und den derzeitigen Verteidigungsminister Boris Pistorius als Kanzlerkandidaten für die vorgezogene Bundestagswahl aufzustellen. Pistorius ist der beliebteste deutsche Politiker; sein Gerede von der Kriegstauglichkeit der Bundeswehr hat ihm nicht geschadet. Seine Kanzlerkandidatur würde der SPD Schwung geben und könnte sie zum Partner für Merz und die Union auf Augenhöhe machen, vielleicht sogar überflügeln. Da Merz eine Koalition mit der AfD oder die Duldung einer Unions-Minderheitsregierung durch die AfD kategorisch ausschließt, ist er allerdings bereits heute Gefangener der SPD und wird damit seine bedingungslose Gefolgschaft zu Washington nicht zum Regierungsprogramm machen können. 

Im Falle eines Endes der amerikanischen Unterstützung für die Ukraine und bei unveränderter deutscher Haltung käme nicht nur Präsident Selenskyi als Asylbewerber nach Deutschland, sondern es kämen mit ihm vermutlich eine Million weiterer Ukrainer, was das deutsche Sozialsystem endgültig implodieren lassen würde. So hohe Migrationszahlen würden den Parteien am rechten und linken Rand noch mehr Stimmen einbringen. Die deutsche Politik wird sich jedoch darauf einstellen und ihre Ukraine-Politik allein schon wegen des Machterhalts ändern. Ein Kanzler Pistorius würde sich nicht nur um die Wiederaufnahme des Dialogs mit Washington bemühen, sondern auch einen Schritt auf Russland zugehen, auch wenn dies nach allem, was geschehen ist, sehr schwierig werden dürfte. Doch der Wind of Change weht beständig.

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