Wen kümmert das Leid der Zivilbevölkerung wirklich?

Von Dr. Norbert van Handel

Dass der Krieg Russlands gegen die Ukraine völkerrechtswidrig ist, ist keine Neuigkeit.
Es stellt sich jedoch die Frage, welcher Krieg in den letzten Jahrzehnten überhaupt völkerrechtskonform war. Wie schon früher betont, verliert das Völkerrecht dann seine Wirkung, wenn Großmächte zu kriegerischen Maßnahmen greifen. Waffenlieferungen in großer Zahl verlängern jeden Krieg und wir sollten uns fragen, ob überhaupt Waffenlieferungen, verbunden mit Söldnertruppen oder so genannten „Beratern“ nicht schon sehr am Rand einer Kriegsbeteiligung schrammen, wenn man unter Krieg einen organisierten und unter Einsatz erheblicher Mittel mit Waffen und Gewalt ausgetragenen Konflikt bezeichnet, an dem planmäßig vorgehende Kollektive (Staaten) beteiligt sind. Die derzeitigen Waffenlieferungen an die Ukraine haben sehr viele Elemente eines Kriegseintritts, wenn noch dazu im Hintergrund der Wunsch nach erheblicher Reduzierung der Großmachtstellung Russlands steht, der vom Mainstream einseitig beworben wird.

Wir stehen ganz knapp vor einem Konflikt zwischen den USA und Russland: Oskar Lafontaine, der sicherlich nicht unserer politischen Gesinnung angehört, formuliert kurz und richtig: Amerika treibt Europa in einen Atomkrieg.

Wie gefährlich dies ist, wurde schon von vielen Seiten kommentiert.
Gerade, wenn man - und man muss leider sagen scheinheilig – das Leid der Zivilbevölkerung dramatisch in den Vordergrund stellt, so wirkt das wie blanker Zynismus. Denn, dass Waffenlieferungen den Krieg und damit auch das Leid der Zivilbevölkerung, verlängern werden, steht außer Zweifel. Die Frage ist, steht man solidarisch hinter den Opfern der Zivilgesellschaft oder nimmt man diese kompromisslos in Kauf, um einseitig das Suprematsbestreben Amerikas zu unterstützen?
Dass die EU, ursprünglich als Friedens- und Wirtschaftsorganisation geplant, sich kompromisslos in die Interessen Amerikas einspannen lässt, weist auf eine völlige Veränderung der politischen Situation Europas hin. Statt mit allen nur denkbaren friedlichen Mittel eine Beendigung des Konflikt herbeizuverhandeln, wird das Gegenteil gemacht.
Man kann natürlich die Ukraine und ihren Präsidenten, einen veritablen Politschauspieler, als demokratisches Musterland sehen und solidarisch und einseitig diese so genannte Demokratie unterstützen, ohne näher zu definieren, was Demokratie eigentlich ist. Eine Urabstimmung der Bevölkerung in dieser Frage, die wirklich demokratischen Charakter hätte, wird wohlweislich ausgeschlossen.
Man kann auch Putin verstehen oder nicht verstehen, wobei Nichtverstehen grundsätzlich das Problem des Nichterkennens geopolitischer Zusammenhänge in sich birgt.
Man kann auch Wirtschaftssanktionen Sonderzahl gegen Russland begrüßen, muss sich aber konsequent dabei die Frage stellen, ob die Solidarität der Regierungen ihren eigenen Völkern gilt oder diese negiert wird, um mehr oder minder nebulosen Machtkonstellationen zwischen den USA und dem Rest der Welt zu folgen. Wenn Wirtschaftssanktionen schon jetzt die Bevölkerung verarmen lassen, die notwendigen Energiereserven, die aus Russland bezogen werden, minimieren, die Lebensmittelpreise in eine Höhe treiben, dass selbst in reicheren Ländern die ärmeren Bevölkerungsschichten sich das tägliche Leben nicht mehr leisten können, so muss man gleichzeitig festhalten, dass Sanktionen nicht nur das Zielland treffen, sondern vor allem die Sanktionsgeber.
Schon 1945 forderte man die Autarkie in der Landwirtschaft, die durch eine falsche EU-Politik und die Zementierung zahlreicher landwirtschaftlicher Flächen gefährdet ist. Wie wollen wir in Zukunft unsere Bevölkerung ernähren? 

Wie wollen wir den NGO´s, die für Afrika votieren, erklären, dass viele Menschen in Afrika verhungern werden, wenn die Weizenlieferungen aus Russland und der Ukraine versiegen?
Fragen, die nicht beantwortet werden, aber im Raum stehen.
Gleichzeitig herrscht derzeit, zumindest in Österreich, Vollbeschäftigung und zahlreiche Arbeitskräfte werden benötigt, wobei die sozialen Goodies oft die Lust am Arbeiten, im Vergleich zu den sozialen Wohltaten, merkbar und bedauerlich reduzieren.
Dass die Industrie und die mittelständische Wirtschaft durch den Erdgasmangel an die Grenze ihrer Möglichkeiten getrieben werden, sei nur am Rande bemerkt. Noch ein Hinweis zu den neutralen Staaten: diese, im Wesentlichen Österreich und die Schweiz, müssen unmittelbar zusammenfinden und, vor allem was Österreich betrifft, ihre Verteidigung auf den neuesten Stand bringen, um in Europa, möglicherweise auch im Einvernehmen mit Ungarn, einen Riegel zwischen nord- und südeuropäischen Nato-Staaten zu schieben.
Zusammenfassend: das Herbeiführen einer vor allem in Europa höchst gefährlichen Situation bedeutet, dass gnadenlos eine seit dem zweiten Weltkrieg noch nie dagewesene Verarmung der Bevölkerungen geschieht.
Dies sollten sich die westlichen Führer vor Augen halten, sosehr auch politische Parteien heutzutage mehr korrupt, als demokratisch definiert sind.
Dass der Mainstream dies entweder nicht versteht oder sogar begrüßt, zeigt wie stark die Position vieler Medien, statt die Politik zu kontrollieren, diese selbst bestimmen will.

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