Von Hans-Georg Münster
Als der Attentäter Gavrilo Princip am 28. Juni 1914 in Sarajewo auf das österreichische Thronfolgerpaar schoss, führten diese Kugeln kurze Zeit später zum Ersten Weltkrieg, ohne den es die europäische Jahrhundertkatastrophe mit dem Zweiten Weltkrieg nicht gegeben hätte. Ein 20-jähriger Amerikaner mit kindhaften Gesichtszügen könnte 110 Jahre später ebenso in die Geschichte eingehen, deren Lauf Thomas Matthew Crooks mit seinen Schüssen auf den amerikanischen Präsidentschaftsbewerber Donald Trump binnen einiger Sekunden verändert haben dürfte. Die Wirkung der Kugeln aus dem Gewehr des jungen Amerikaners reicht bis nach Deutschland, das auf der weltpolitischen Bühne bald isoliert dastehen könnte.
Wettbüros im angelsächsischen Raum sehen Trumps Chancen bei 70 Prozent, Meinungsumfragen weisen eine Zustimmung für den Ex-US-Präsidenten von mindestens 60 Prozent aus. Der demokratische Präsident Joe Biden hat nur noch Chancen, wenn Trump im Wahlkampf noch einen schweren Fehler machen sollte. Sonst kehrt der Ex-Präsident nach der Wahl im November wieder in das Oval Office in Washington zurück.
Und damit begännen für Deutschland massive Probleme. Eine Trump-Administration dürfte nicht vergessen haben, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Trump als „Hassprediger“ bezeichnet hatte. Für Kanzler Olaf Scholz ist Trump ein „Rechtspopulist“, und über Trumps Vizepräsidenten-Kandidaten J.D. Vance schüttete der deutsche Regierungschef in der „Süddeutschen Zeitung“ einen Kübel Dreck aus: „Von einem selbsterklärten konservativen Gegner Donald Trumps, der messerscharf die Ungerechtigkeiten der amerikanischen Gesellschaft analysiert und für sich nur mit Glück und seiner Militärlaufbahn einen Ausweg findet, scheint sich Vance nun zu einem feurigen Befürworter dieses Rechtspopulisten (Trump) gewandelt zu haben, um dessen Unterstützung zu erhalten – und selbst Senator zu werden." Was Außenministerin Annalena Baerbock über Trump gesagt hat, ist nicht notierenswert. Die inkompetente, ungebildete und skandalträchtige grüne Außenministerin wird im Ausland ohnehin nicht mehr ernst genommen (bedauerlicherweise wird dadurch Deutschland insgesamt nicht mehr ernst genommen).
Die deutsche Regierung hat felsenfest auf einen Wahlsieg von Biden gesetzt (vermutlich immer noch), und deshalb auch jeden Kontakt zu US-Republikanern gemieden. Erst jetzt erschienen Hinterbänkler von SPD und CDU/CSU auf dem Nominierungsparteitag der Republikaner – zu spät für ein Auftauen des tiefgefrorenen Verhältnisses. Wenn deutsche Regierungsmitglieder sich verhalten hätten wie Repräsentanten von Staaten sich normalerweise verhalten, nämlich diplomatische Kontakte zu pflegen, dann hätten sich auf der Münchener Sicherheitskonferenz im Februar Möglichkeiten zum Kontakt mit US-Republikanern ergeben können. Vance war in München. Dort kritisierte er die Europäer, die seit drei Jahren immer wieder betonen würden, dass der russische Präsident Wladimir Putin eine existenzielle Bedrohung für Europa darstelle. „Und drei Jahre lang haben sie es versäumt, so zu reagieren, als ob das tatsächlich der Fall wäre“, soll er gesagt haben. Ähnlich hatte sich immer Trump geäußert, nämlich, dass die Europäer mehr für ihre eigene Sicherheit tun und sich nicht nur hinter den USA verstecken sollen. Für die Grünen, die ihre Kriegspolitik zu Recht in Gefahr sehen, wird massive Kritik an dem Vizepräsidenten-Kandidaten geübt: Vance sei „besorgniserregend für Europa“, erklärte die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang.
Besorgniserregend dürfte die Lage wohl eher für Deutschland werden, das gerade in die klassische Isolierung wie vor dem Ersten und Zweiten Weltkrieg hineinzuschlingern droht. Wenn Trump Präsident wird, werden die USA den Kontakt zu Deutschland auf Sparflamme zurückfahren. Die Pöbeleien aus Deutschland haben die Amerikaner nicht vergessen. Das Programm der Republikaner steht im diametralen Gegensatz zur Berliner Politik. So heißt es im Programmentwurf, man wolle einen „dritten Weltkrieg“ verhindern und durch „politische Härte” Frieden in Europa und im Nahen Osten schaffen. Frieden will die Bundesregierung ausdrücklich nicht, auch CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz nicht, der die Ukraine jetzt mit Kampfflugzeugen ausrüsten will.
Die Drähte nach Moskau hat die Berliner Regierung gekappt. Putin gilt als Aggressor, Russland als Reich des Bösen, das es zu bekämpfen gilt. Der ungarische Regierungschef Viczor Orban hat in diesen Tagen versucht, Europa mit Russland wieder ins Gespräch zu bringen. Statt ihn gewähren zu lassen, droht die deutsche EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (mit Unterstützung aus Berlin) mit Embargos und Boykott gegen Ungarn. Die Gemeinsamkeit der Europäer endet, wenn Deutschland die gigantische Umverteilungsmaschinerie namens „Europäische Union“ finanziell nicht mehr am Laufen halten kann. Es war schon auffallend, dass der französische Präsident Emmanuel Macron von der Leyen eifrig zugeredet hat, Strafzölle gegen Importe chinesischer Elektroautos zu verhängen. Die chinesischen Gegenmaßnahmen dürften Importe von Oberklassen-Fahrzeugen aus Europa betreffen, die hauptsächlich aus Deutschland stammen. Wer solche Freunde wie Macron hat, braucht keine Feinde mehr. Deutschland liegt im Wirtschaftswachstum unter den OECD-Ländern ganz hinten – eine Folge der rot-grünen unfähigen Politik und des Wegfalls günstiger Energieeinfuhren aus Russland sowie des attraktiven russischen Marktes. Damit wird Berlin bald das Geld ausgehen, mit dem es seine europäischen Nachbarn bei Laune halten kann.
Geopolitik für Berliner Politiker ein Fremdwort. Welche katastrophalen Folgen die Isolierung des Deutschen Reiches hatte, dem nur Österreich-Ungarn in Europa als Verbündeter blieb, ist vergessen. So nehmen die Dinge wieder ihren Lauf. Niemand warnt die Berliner Dilettanten, dass sie zusammen mit der Ukraine dem Untergang geweiht sind.
Bilder: depositphotos, KI
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