Von Willy Wimmer
Unweit des Unterberges und damit im Blickfeld des Obersalzberges erstreckt sich zwischen Großgmain und der Stadt Salzburg eine Ebene. Begrenzt zwar, aber in der Vorstellung derjenigen, die die napoleonische Zeit erlebt hatten, groß genug, um unter den damaligen Umständen gewaltige Schlachten ausführen zu können. Jedenfalls groß genug, um dort die Schlachten aller Schlachten sich entfalten zu sehen,: den globalen Endkampf. Eine Geschichte in Zusammenhang mit dem Untersberg wie so andere Geschichten auch. Dies in einer Gegend, die an mystischen Überlegungen nicht gerade arm ist, wie die Weissagungen von Alois Irlmaier über das nukleare Ende der Welt in einem neuen Weltkrieg deutlich machen. Bis vor einem Jahr konnte man diese nachdenklich machenden Erzählungen gleichsam abtun. Sie hörten sich interessant an, aber man schenkte ihnen keinen Glauben. Man sollte sich irren und verzweifelt heute geradezu wegen ihrer aktuellen und dramatischen Bezüge. Vor gut einem Jahr nannte der amerikanische Präsident Joe Biden seinen russischen Kollegen Wladimir Putin einen "Killer". Unerwartet kam diese Äußerung vor laufender Kamera. Unerwartet deshalb, weil alle Welt von Donald Trump gewohnt war, sich auf China zu konzentrieren. China hatte nach dem Ende des Kalten Krieges mit seinen Nachbarstaaten und den USA versucht, die objektiv vorhandenen Konfliktpunkte nah und fern beizulegen. Dazu zählte die von Kasachstan initiierte "Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Asien", um diesseits und jenseits des Tienshan-Gebirges Zentralasien nicht wegen endloser Kriege aus Grenzgründen im Blut der Völker untergehen zu sehen. Die USA verweigerten sich diesen friedensstiftenden Überlegungen. Man behielt sich lieber Streitpunkte vor, mit denen man die Welt in den Krieg stürzen konnte. War der Zerfall des Warschauer Vertrages und des europäischen Vorfeldes der damaligen Sowjetunion vergleichsweise unblutig vonstatten gegangen, wollte Washington in Zentralasien keine Ruhe haben. Das galt bis in diesen Tagen auch für Chinas Politik des "ein Land, zwei Systeme". Das war auf die Rückgabe von Hongkong gemünzt, aber Taiwan war gemeint Als die Demonstrantenin Hongkong die Unabhängigkeit Hongkongs forderten und vor einigen Jahren dem Übergabekonzept den Todesstoß versetzten, war für Taiwan der Konfliktweg durch die USA vorgezeichnet.
Das geriet schlagartig in Vergessenheit, als Präsident Joe Biden sich über seinen Präsidenten-Kollegen in Moskau in unflätiger Weise ausließ. So unflätig, wie heute Mitglieder der deutschen Bundesregierung sich über den russischen Präsidenten Putin auszulassen pflegen, nicht nur Herr Özdemir. Man sollte einmal beim Volksmund nachfragen, was der so drauf hat, wenn "hochgestellte Persönlichkeiten auf Zeit" zu dieser Sprache im Stil von "Gossenjargon" greifen müssen. Es klingt durchaus "angstgetrieben". Bei Präsident Joe Biden klang das vor einem Jahr allerdings mehr als Startschuss für größere Dinge. Das war auch gerechtfertigt, denn vor einem Jahr unterzeichnete der ukrainische Präsident Selenskyi sein berüchtigtes Krim-Kriegs-Dekret, mit der er das Ergebnis der Volksabstimmung der Krim-Bevölkerung 2014 ungeschehen machen wollte. Krieg wegen der Krim, das war das Festlandssignal zur "Killer- Aussage von Präsident Joe Biden. Diese Aussage in Washington und das Dekret in Kiew führten drei Handlungsstränge zusammen, die uns in Europa das Schicksal bescheren werden, das uns am "Untersberg" ins Stammbuch geschrieben wurde. Nachdem über das von Frau Nuland, Staatssekretärin im amerikanischen Außenministerium, Anfang Oktober 2021 in Moskau offenkundig überreichte Angebot auf "bedingungslose Kapitulation Russlands" nichts fruchtete, wurde nach allen offiziellen Erklärungen des Westens der Mechanismus in Gang gesetzt, der über den ukrainischen und von der OSZE festgehaltenen massiven Artillerie-Angriff auf den Donbass den Einmarsch russischer Streitkräfte auf das Territorium der Ukraine zur Folge hatte. Jeder, der noch einen Funken Erinnerung an "Vucovar" aus dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der NATO gegen Jugoslawien hatte, wusste um den möglichen Ablauf von Ereignissen nach dem ukrainischen Angriff ab dem 16. Februar 2022. Die britische BBC berichtete in den Tagen vor dem 24. Februar 2022 und dem russischen Einmarsch, dass nach 2014 die USA alles unternommen hatten, mangels einer eigenständigen NATO-Mitgliedschaft der Ukraine die Ukraine in ein tatsächliches Netz von Sicherheitsabsprachen mit dem Charakter einer NATO-Mitgliedschaft einbinden zu können. Man wollte für den ins Auge gefassten Krieg der Ukraine gegen Russland den angeblichen Automatismus des NATO-Vertrages. Die europäischen NATO-Mitgliedstaaten hätten auf amerikanischen Druck und unter Verweis auf den NATO-Vertrag umgehend in den Krieg eingreifen müssen. Da dies nicht möglich gewesen ist, wird jetzt über eine spezifische Form von Waffen-und Unterstützungsleistungen seitens der NATO eine Situation heraufbeschworen, bei der es von der Aussage der russischen Regierung abhängt, ob wir uns im Krieg mit der Russischen Föderation befinden. In der letzten Woche machte da russische Verteidigungsministerium öffentlich klar, daß man sich wegen aller dieser Umstände unmittelbar vor einem bewaffneten Konflikt mit den USA befinde.
Die westliche Zusammenarbeit mit der Ukraine und die Ausrichtung derselben gegen Russland fand nicht isoliert statt. Es muss dabei nicht auf die westliche Vorgehensweise gegenüber Russland seit dem Sturz von Hans Dietrich Genscher im Frühjahr 1992 und dem NATO-Vorrücken gegen Russland seither eingegangen werden. Die US-Konferenz von Bratislawa April 2000 lies keinen Zweifel an der amerikanischen Politik gegenüber Russland. Entweder verschwinden die Russen aus Europa oder sie finden sich in zahlreichen kleinen Staaten wieder, Eine westliche rote Linie vom Baltikum zum Schwarzen Meer sollte das Schicksal Russlands besiegeln. Was damals bei Bundeskanzler Gerhard Schröder nach dem Konferenzergebnis Reaktionslosigkeit hervorrief, sollte sich Punkt für Punkt bewahrheiten. Das Gesamtkonzept für die USA in Bezug auf Rußland stand in der Konsequenz der Wolfovitz-Doktrin des Jahres 1992 spätestens mit Bratislawa April 2000 fest.
Bei diesen Planungen stellte sich für einen mitteleuropäischen Betrachter ein dèjá-vue Erlebnis ein. Sollte hier das fortgeschrieben werden, was als "Operation Barbarossa" am 22. Juni 1941 gegen die damalige Sowjetunion losgetreten worden war. Was seinen Ausgangspunkt in der Unterstützung des amerikanischen Militärattachés in Berlin für den im Sinkflug befindlichen A.H. in München fand, stramm antisowjetisch und antisemitisch ausgerichtet? Das heutige Vorgehen gegen Russland ist in der historischen Betrachtung nichts Neues. Es leitet sich bruchlos aus der Vergangenheit her. Nachdem die Operation Barbarossa das Deutsche Reich und seine Verbündeten gegen Sowjetrussland in Stellung brachte, sind die Deutschen heute wieder bei Napoleon und dem Bestandteil seiner Armee mit deutschen Soldaten angekommen. Wer hat in diesem Zusammenhang wie in Europa und transatlantisch gespielt. Alexander Sosnowski hat sich in seinem jüngst in St. Petersburg erschienenen Buch über "Hess" mit der Frage beschäftigt, an was alles gedacht werden muss, wenn man mit "Barbarossa" das Tor zur Hölle aufstossen wollte? Die sich daraus ableitende Entwicklung macht aber eines für unser heutiges "Tagesgeschäft" klar. Eine Betrachtung der Lage in der Ukraine ist noch nicht einmal die halbe Miete. Da wird gestorben und die westliche Sieges-Postulierung trägt von Tag zu Tag mehr dazu bei, das Bild der Ukraine als Gemeinwesen vom Antlitz der Erde zu tilgen. Die Schere zwischen Sieges-Faselei und der tatsächlichen Lage vor Ort klafft zu sichtbar auseinander und das auf dem Rücken der Menschen zwischen Odessa, Lemberg und Luganzk. Und dennoch hat man den Eindruck, dass diese Geschehensabläufe in der Ukraine weniger mit der Ukraine selbst als mit der Auseinandersetzung zwischen Washington und Moskau zu tun hatten. Washington hat Moskau ein Schicksal zugedacht und zwar das, wie es Frau Nuland formuliert hatte. Viele haben noch das Bild der Pressekonferenz des französischen Präsidenten Macron nach seinem Besuch bei Präsident Putin vor Augen. Wenige Tage vor dem 24. Februar forderte Präsident Macron nicht mehr und nicht weniger, als Russland Antworten auf seine berechtigten Fragen zu geben. Diese Antworten hatte man über Jahre hinweg verweigert und auch jetzt wird jeden Tag der Nachweis geführt, den anderen vernichten zu wollen. Da passt Gesprächsverweigerung perfekt ins Bild. Ohne diese unmenschliche Haltung einem Land gegenüber geht es nicht.
Dennoch sollte man sich nicht davon täuschen lassen, dass es mit dem verbissenen Kampf mitten in Europa sein Bewenden hat. Nicht nur der Besuch des amerikanischen Präsidenten Joe Biden in Riad/ Saudi-Arabien, sondern alle Erklärungen auf globaler Ebene machen deutlich, dass mehr auf dem Spiel steht, als die Zukunft der Ukraine. Man braucht nichts mehr zu sagen, wenn die Süddeutsche Zeitung vom 18. Juli 2022, S. 2 über den Besuch in Riad schreibt und wie Präsident Joe Biden sich nicht mehr als eine "kalte Schulter" abholen konnte. Sieht so die " shining city on the hill" aus oder muss multipolarer und nach der Charta der Vereinten Nationen gedacht werden? Den Menschen in der Ukraine ist das Ende der Kampfhandlungen eher heute als morgen zu wünschen. Man gewinnt aber auch bei dem Verhalten der EU einem Nachbarvolk gegenüber-nämlich den Russen-den Eindruck, dass die genannten Ausenandersetzungen auf globaler Ebene darüber befinden, wann in der Ukraine Schluss mit dem Elend ist. Deutsche Staatsraison ist umfassend und kann nicht nach Belieben dekretiert werden. Unser Grundgesetz ist das klar wie selten. Wir haben dem Frieden in der Welt zu dienen und nicht dem Krieg.
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