Prä-Militärische Konfrontation

Alexander Sosnowski, Chefredakteur „World Economy“

Zwar legte Macron seine Hand auf Donald Trumps Knie, als er über die Schaffung einer europäischen Armee sprach, aber nach dem versteinerten Gesichtsausdruck des amerikanischen Präsidenten zu urteilen, war ihm der Gedanke völlig fremd. Trump war nicht begeistert von der „PESCO“- Idee, er ist gar nicht zufrieden mit der NATO und verlangt, dass die Europäer die vereinbarten zwei Prozent in die NATO-Kasse einzahlen. Sonst - kein USA-Schirm mehr?

Eine Armee außerhalb der NATO? 

Nein, Trump hat und wird nicht einwilligen. Aber die NATO werden die USA - trotz aller Drohungen den Europäern den Schutz zu entziehen, wenn sie nicht endlich zur Kasse gehen - auch nicht verlassen. Die Idee einer europäischen Armee sieht eher nach Erpressung aus, ausgeklügelt zwischen Paris und Berlin und nicht nach einer ausgereiften Idee, die auch umgesetzt werden kann. Es ist vorherzusagen, dass die europäische Armee noch vor ihrer Geburt sterben wird.

Die Franzosen sind bereits 1954 mit einer ähnlichen Idee aufgetreten. Die Nationalversammlung der Republik hat einen solchen Plan sogar in einer ihrer Plenarsitzungen erörtert. Mehr als ein halbes Jahrhundert ist vergangen und französische Ideologen haben den Staub von den alten Papieren abgeklopft. Dabei aber vergessen, dass es ausgerechnet Frankreich war, das selbst seine Mitgliedschaft in der NATO jahrzehntelang auf einen nicht-militärischen Status einschränkte. Will Macron die erste Geige in Europa spielen? Der französische Präsident hat den Zeitgeist genau erfasst - die Vereinigten Staaten sind mit sich selbst beschäftigt, Deutschland hat unter Kanzlerin Merkel klar die Führung verloren. Warum sollte er es da nicht versuchen? Bei dem Versuch wird es allerdings auch bleiben. Darüber hinaus wird die Entscheidung über eine europäische Armee in Washington und nicht in Paris, Berlin oder Brüssel getroffen.

NATO-Russland

Sieht man die beide Worte zusammen, denkt man im Moment nicht an den NATO-Russland-Rat, der übrigens vor nicht allzu langer Zeit noch wunderbar funktioniert hat, sondern an einen möglichen militärischen Zusammenstoß zwischen diesen beiden Formationen. Einerseits ist Russland in der Lage, jeden Angriff abzuwehren und den Krieg zu seinen Gunsten zu entscheiden.  Auf der anderen Seite ist die NATO, die über ein enormes Militärbudget und eine Armee verfügt, die die russische Armee und Ausrüstung weit übersteigen. Zwei Militärriesen also, die gegeneinander bereit stehen.

Als Allianz den NATO-Russland-Rat eingefroren hat, schien dies ein spontaner Schritt zu sein, zwar unüberlegt und gefährlich, aber nur von kurzer Dauer und es sah nicht danach aus, als würden sich die beiden Strukturen in Feinde verwandeln. Die Realität erwies sich als härter und wenn wir uns von der Definition des "Kalten Krieges" entfernen wollen, dann müssen wir den Ausdruck „Prä-Militärische Konfrontation" verwenden.

Genau so. Die Beziehungen zwischen der NATO und Russland sind an einem Punkt, an dem der  Übergang von Spannungen zu militärischen Operationen innerhalb eines Augenblicks erfolgen und durch jede unvorsichtige Aussage oder Handlung hervorgerufen werden kann. In der Tat, könnte dies den Beginn des dritten Weltkrieges mit dem unvermeidlichen Einsatz von Nuklearwaffen bedeuten. Das wird in Moskau sehr genau verstanden. Das Verständnis dafür ist so groß, dass Stimmen laut werden, die Militärdoktrin müsse revidiert werden, um einen präventiven Nuklearangriff zu ermöglichen und das Land zu schützen.

Diese Ängste Russlands sind berechtigt, obwohl die europäischen Experten immer von einer sogenannten „Russischen Bedrohung“ sprechen.

Schließlich ist es nicht Russland, das Manöver durchführt, bei denen es Angriffspläne auf Europa ausarbeitet, sondern die NATO hat kürzlich in Norwegen den Militärs beigebracht, einen Angriff des "russischen Bären" abzuwehren. Ja, Russland führt auch Manöver durch. Und nicht gerade  kleine. Russland hat jedoch die jüngsten Großmanöver einige tausende Kilometer von Europas Grenzen entfernt durchgeführt und es ist schlicht unmöglich, sie als eine Bedrohung für die europäischen Länder zu bezeichnen. 

Bei der NATO ist die Situation anders. Die Manöver folgen eins nach dem anderen.

Hier schreibt zum Beispiel die Allianz auf ihrer Seite: „Heute ist die erste Woche der multinationalen Übung „Anaconda-2018“, die von Polen am 7. November begonnen wurde, vorbei. An den Übungen nehmen etwa 12.500 Truppen in Polen und rund 5.000 Truppen in Estland, Lettland und Litauen teil.“

Lesen wir die Website der Allianz weiter. Zusätzlich zu den bereits erwähnten Manövern in Norwegen wurden vom 5. bis 16. November etwa 1.800 Soldaten der Armeen Bulgariens, Ungarns, Spaniens, Italiens, Kanadas, Polens, Portugals und Rumäniens bei den „Scorpion Fury“- 2018 Manövern ausgebildet. Müssen wir wirklich sagen, um welchen virtuellen Gegner es sich bei diesen Manövern handelte? Das ist nicht nötig, denn es ist auch so klar.

Die zunehmende Anzahl der NATO-Manöver in Europa, einschließlich derer, die den amerikanischen Ambitionen nach der Weltherrschaft gerecht werden sollen, führt zur Militarisierung des europäischen Kontinents.

Dies wiederum, stellt eine Bedrohung für die regionale Sicherheit dar und führt zu erheblichen finanziellen Kosten für die teilnehmenden Länder. In dieser Situation sind die Interessen Deutschlands und Frankreichs besonders sensibel. Die Umsetzung der Eindämmungsstrategie der Russischen Föderation durch das Bündnis, stellt eine Bedrohung für die internationale Sicherheit dar und entspricht nicht den tatsächlichen Interessen der wichtigsten europäischen Investoren der NATO (Deutschland und Frankreich). Die Erhöhung der Verteidigungsausgaben wird durch eine Verringerung der Finanzierung sozialer Haushaltsposten bewirkt, was zu einem Verfall des Lebensniveaus führt. Einige europäische Experten sagen ganz eindeutig, dass die uneingeschränkte Solidarität mit den Aktionen der NATO und der USA ihre Leute gegen ihren Willen und gegen ihren Wunsch in unnötige militärische Aktionen mit hineinziehen kann. 

Zum Beispiel stellt ein bekannter Experte aus Irland, Professor Kieran Allen vom University College Dublin, in seinem Leitartikel folgende Frage:

„But where have the Irish people ever expressed a readiness to send their troops to fight wars in the Balkans, in “complementarity with Nato”? (Aber wann haben sich die irischen Bürger jemals bereit erklärt, ihre Truppen in einen Krieg auf dem Balkan zu schicken, in „Komplementarität mit der Nato“? - Übers. der Red.)

Es ist an der Zeit, gedankenlose Vorwürfe aufzugeben und zum normalen Dialog von Partnern zurückzukehren. Um Frieden und Stabilität in Europa zu wahren, sollten die Beziehungen zwischen der NATO und Russland im Einklang mit der NATO-Russland-Vereinbarung von 1997 aufgebaut werden. 

"Der Dialog zwischen der NATO und Russland trägt zu besser vorhersehbaren Beziehungen und zur Stärkung der gegenseitigen Sicherheit bei", schreibt die NATO auf ihrer Seite. 

Warum sollten die Europäer nicht auf diesen Aufruf hören?

Bilder: @depositphotos 

Quellen:

www.un.org/esa/ffd/wp-content/uploads/seites/3/2017/05t-ffdf-2017-2_note-by-the-sg_31-vfr-17.pdf

https://www.irishtimes.com/opinion/pesco-makes-us-choose-defence-spending-over-housing-homeless-1.3327607

www://developmentfinance.un.org/iatf-2018-report/2019

https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-11/militaerische-zusammenarbeit-europaeische-armee-emmanuel-macron-angela-merkel-zukunft/seite-2

http://www.trt.net.tr/deutsch/europa/2018/11/21/wir-bauen-keine-europaische-armee-auf-1092000

https://www.nato.int/cps/ru/natohq/news_155036.htm

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