Pistorius bereitet den Krieg von morgen vor / Künstliche Intelligenz soll die Bundeswehr stärker und angriffsfähig machen /Kriegskanzler Merz?

Von Hans-Georg Münster

Auf dem Weg zur Kriegstauglichkeit Deutschlands sind der Mangel an Soldaten und die zu geringen Stückzahlen an Flugzeugen, Panzern und Schiffen große Hürden. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will diese Hürden überwinden. „Künstliche Intelligenz“ (KI) gilt in den Augen des Ministers als Möglichkeit, die von der Berliner Propaganda schon detailliert beschriebenen bevorstehenden russischen Angriffe zu stoppen und – mehr noch – angriffsfähig zu werden und auf russisches Territorium vordringen zu können, zum Beispiel um Raketenstellungen in Kaliningrad (dem früheren Königsberg) auszuschalten.

In verschiedenen Medien erklärte der Minister, der die Kriegstauglichkeit als Ziel für die Bundeswehr ausgegeben hatte: „Künstliche Intelligenz kann uns helfen, schneller und präziser zu sein, zum Beispiel bei der Auswertung von Daten oder bei der Steuerung von Waffensystemen." Es müsse darum gehen, „KI so einzusetzen, dass sie die Fähigkeiten unserer Soldatinnen und Soldaten ergänzt und verbessert“. Die neue deutsche Wunderwaffe KI soll zuerst dazu dienen, die Lage des im Aufbau befindlichen deutschen Bataillons in Litauen zu stabilisieren. Im Fall eines militärischen Konflikts gilt die Wirkungskraft des Bataillons derzeit als zu gering. Künstliche Intelligenz soll das ändern und eine Einkesselung des Bataillons wie seinerzeit der deutschen Heeresgruppe Nord im Kurland-Kessel im Zweiten Weltkrieg verhindern.

Das Projekt von Pistorius heißt „Uranos KI“. Dafür sollen deutsche Rüstungsfirmen Angebote machen, wie die Ostflanke der NATO (gemeint ist das Bataillon in Litauen) besser geschützt werden kann. Die wichtigsten Firmen der Rüstungsbranche sind nach deutschen Medienberichten im Spiel: Airbus, Rheinmetall, Hensoldt und das relativ junge Unternehmen Helsing aus München, das inzwischen zu einem der wichtigsten Lieferanten von Drohnen mit KI für die Ukraine geworden ist. Auch ein weiterer wichtiger Lieferant von Drohnen für die Ukraine, die ebenfalls in München ansässige Firma Quantum Systems, soll dabei sein. Aufträge sollen vom Haushaltsausschuss des Bundestages vergeben werden, sobald der neu gewählte Bundestag und die neue Regierung voll handlungsfähig sind. Das könnte im Juli 2025 der Fall sein. Von den Firmen soll ein digitaler Gefechtsstand entwickelt werden. Die darin installierte KI soll alle aus verschiedenen Quellen wie Radar, Drohnen, Überwachungskameras, Satelliten und Aufklärungstruppen stammenden Informationen zusammenfassen und ein Lagebild erstellen.

Die Bundeswehr ist fest davon überzeugt, dass KI die Zukunft der Kriegsführung bestimmen wird. „Auf dem Gefechtsfeld ist Künstliche Intelligenz der Erfolgsfaktor im Kriegsgebiet von morgen“, heißt es in einem Bericht über eine Veranstaltung der Bundeswehr zur KI. Nur mit KI könnten die Streitkräfte in die Lage versetzt werden, „um im Gefecht mit einer Dominanz aus Informations-, Führungs- und Wirkungsüberlegenheit zu siegen“. Auch Generalmajor Jürgen Setzer, stellvertretender Inspekteur der Cyber-Truppen der Bundeswehr sagt: „Kriege kann man nur erfolgreich führen wenn man in allen vier Dimensionen erfolgreich ist“ – also neben Land, See, Luft/Weltraum auch die Cybersphäre.

„Uranos KI“ ist der erste Schritt zur KI-Aufrüstung der Bundeswehr. Es geht darum, getarnte und nicht getarnte Ziele am Boden und in der Luft möglichst schnell zu erfassen. In Papieren der Bundeswehr ist von einer „vollautomatischen 360-Grad-Sicht-Aufklärung mit Objekt- und Zielerkennung“ die Rede. Die gewonnen Daten sollen in die Feuerleitung von Kampfsystemen eingebunden werden.

Der zweite KI-Schritt der Bundeswehr, der von der jetzigen Ausschreibung noch nicht erfasst wird, soll die Bildung einer, wie es im Jargon der Militärs heißt, „Sperre des Raumes“ sein. Gundbert Scherf, Mitbegründer und Co-Vorstandsvorsitzender von Helsing nennt das einen „Drohnenwall“. Unbemannte kleine Flugkörper, wie sie Helsing mit dem Modellen HX 1 und 2 bereits für die Ukraine produziert, sollen diesen Wall bilden. Binnen eines Jahres, so Scherf, könnte seine Firma die mit KI versehenen Fluggeräte für den „Drohnenwall“ liefern. In der Bundeswehr wird das Schwarmverhalten unbemannter Flugkörper als besonders wichtig bezeichnet, denn damit könnten die relativ geringe Nutzlast (Sprengstoffe) und die hohe Verwundbarkeit durch gegnerische Angriffe kompensiert werden. Gefordert wird von der Truppe die Entwicklung von Drohen, die „bis zu 40 Kilometer gezielt auf einzelne Ziele wirken können“.

Der dritte KI-Schritt ist die große Schlacht. Da die personellen und materiellen Ressourcen auch in den nächsten Jahren für die volle Kriegstauglichkeit noch nicht ausreichen werden, soll KI helfen, die vorhandenen Kräfte möglichst effizient einzusetzen. Kurz gesagt: Die KI weiß, wo sich der Feind hinbewegen wird und lenkt die eigenen Truppen und Waffen schon direkt dahin. Der Feind wird also erwartet, was ein in der Schlacht ganz wichtiger Vorteil ist. Bei der Bundeswehr wird das so beschrieben: „Die KI schätzt mögliche Aufklärungsbereiche des Gegners, verlegt auf dieser Basis eigene Artillerie und (soweit sinnvoll) auch andere Kräfte, insbesondere die eigene Aufklärung, und führt eigene Kräfte gezielt zu Angriffen auf die gegnerische Aufklärung. Die KI berücksichtigt hierbei das aktuelle Gelände, die geschätzten gegnerischen Kräfte, deren Ausrüstung sowie deren bisherige Handlungen im Gefechtsverlauf.“ Was in dem Papier nicht steht ist, dass nach Vernichtung der feindlichen Aufklärung die Kräfte des Feindes unter Beschuss genommen und möglichst vernichtet werden sollen.

Wenn die Bundeswehr einmal so weit sein wird, ist die Kriegstauglichkeit schon erreicht, ehe die Wehrpflicht wieder eingeführt worden ist und Waffen mit den milliardenschweren Sondervermögen beschafft sein werden. Friedrich Merz könnte der erste deutsche Kriegskanzler des 21. Jahrhunderts werden.  

Bilder: depositphotos / screenchoots

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