Pipeline-Sprengung: Der Krieg rückt nach Mitteleuropa vor. Wirtschaftskrieg mit den USA

Von Hans-Georg Münster

Die Einschläge kommen näher. Mitteleuropa, eigentlich weit weg von den militärischen Auseinandersetzungen in der Ukraine, erlebt plötzlich militärische Spezialoperationen. Wer vor einem Krieg mitten in Europa gewarnt hatte, kann sich jetzt bestätigt sehen. Denn die angeblichen Lecks an den Gasröhren Nord Stream 1 und Nord Stream 2 sind mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Explosionen zurückzuführen. Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen sagte laut Nachrichtenagentur Reuters, es sei schwer zu glauben, dass es sich hier um Zufälle handele.

In der Nacht zum Montag (26. September 2022) wurde ein Leck an der Nord Stream 2-Pipeline bei der dänischen Insel Bornholm gemeldet. Der Druck soll in kurzer Zeit von 105 auf sieben Bar gesunken sein, was einem Druck in einer Meerestiefe von etwa 70 bis 80 Metern entspricht. Das ist die Meerestiefe in der Ostsee bei Bornholm. Kurz danach kam es ebenfalls zu einem starken Druckabfall in beiden Leitungssträngen der Pipeline Nord Stream 1 ebenfalls in der Nähe von Bornholm.

Reuters meldete unter Bezug auf europäische Sicherheitskreise, „es gibt einige Hinweise, dass die Schäden beabsichtigt waren". Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtete, Messstationen in Schweden und Dänemark hätten vor dem Entstehen der Lecks Explosionen unter Wasser verzeichnet. Es bestehe kein Zweifel daran, dass es sich um Sprengungen oder Explosionen handele, wurde der Seismologe Björn Lund vom Schwedischen Seismologischen Netzwerk zitiert. Und die Internetseite „Welt“ zitierte eine Quelle in der deutschen Regierung: „Unsere Phantasie gibt kein Szenario mehr her, dass das kein gezielter Anschlag ist.“ Alles spreche gegen einen Zufall.

In Medien wie der Welt wurden aber sofort phantasievolle Spekulationen verbreitet, es könnten zum Beispiel mit der Ukraine verbundene Kräfte hinter diesem Sabotageakt stecken, denn mit dem Ausfall von Nord Stream 1 und Nord Stream 2 wären Gaslieferungen nach Deutschland von Russland aus nur noch über die über Polen laufende Pipeline Jamal oder das ukrainische Pipelinenetz möglich. Zudem wurde spekuliert, dass Russland selbst mit einer „False-Flag“-Operation dahinterstecke. Mögliches Motiv des Kreml: die Gaspreise weiter nach oben zu treiben.

Die Theorie, dass die Ukraine dahinter stecken könnte, kann ad acta gelegt werden. Das Land verfügt nicht über entsprechende Mittel zur Durchführung einer solchen Spezialoperation. Der Hinweis auf den Kreml ist interessant, aber unabhängige deutsche Medien wie zum Beispiel. die „NachDenkSeiten“ schreiben vom „Elefanten im Raum“, über den in den deutschen Medien wieder einmal nicht geschrieben werde.

Der Elefant im Raum – das sind die Vereinigten Staaten von Amerika, die stets gegen Nord Stream waren und schließlich die deutsche Regierung dazu gebracht hatten, auf die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 noch vor Beginn der Auseinandersetzungen in der Ukraine zu verzichten. Hatte nicht US-Präsident Joe Biden auf einer Pressekonferenz mit Kanzler Olaf Scholz gesagt, die USA würden alles tun, Nord Stream 2 zu verhindern? Und als ein Reporter den US-Präsidenten fragte, wie das geschehen könne, denn das habe doch Deutschland zu entscheiden, hatte Biden klipp und klar geantwortet: „Ich verspreche Ihnen, dass wir uns der Lage sind, dies zu tun“ (I promise you, we will be able to do that“).

Am 24. September berichtete das „Fehmarnsche Tageblatt“, ein Flottenverband der US Navy mit der „USS Kearsarge“ und der „USS Arlington“ habe die deutsche Ostseeinsel Fehmarn mit Kurs auf dem Skagerrak passiert. Ein solcher Flottenverband hat immer zwei U-Boote und genügend Spezialkräfte dabei, die Operationen wie das Sprengen einer Pipeline durchführen können. Marinetaucher können heute mit entsprechender Ausrüstung Tiefen von 80 Metern  erreichen; denkbar ist auch der Einsatz von Unterwasser-Robotern, die Haftladungen mit Zeitzündern ferngesteuert anbringen. Sobald der Flottenverband weg ist, gehen die Ladungen hoch. 

Wer auch immer hinter den Explosionen steckt, muss große Sorgen gehabt haben, dass Deutschland in der sich ausbreitenden europäischen Auseinandersetzung die westliche Seite verlassen und einen neutralen Kurs mit Verständnis für Moskau einschlagen könnte. Denn ohne russisches Gas läuft Deutschland auf die schwerste Wirtschaftskrise seit Gründung der Bundesrepublik im Jahr 1949 zu, was allein die derzeitige Regierung zu verantworten hat. Die Explosion der Gaspreise begann übrigens lange vor dem Ukraine-Konflikt. Ursache ist ein Verfall der Euro-Währung, die den Dollarkurs in ungeahnte Höhen trieb. Und Energielieferungen werden in Dollar abgerechnet. Die Ukraine-Krise verstärkte die Entwicklung, Ursache war sie nicht. Mittelständische Betriebe in Deutschland stellen jetzt reihenweise den Betrieb ein, weil sie die Gas- und Stromrechnungen nicht mehr bezahlen können. Lieferketten reißen, die Versorgung der Bevölkerung ist nicht mehr gesichert. Betrieben fehlen Rohstoffe und Vorprodukte.

Auch die Bürger müssen sich auf massive Kostensteigerungen für Energie einstellen. Familien mit geringem Einkommen droht trotz der beschlossenen Hilfsmaßnahmen der Regierung der Ruin. Was hilft ein Energiezuschuss von 300 Euro bei einer Nachzahlung von 3.000 Euro? Hinzu kommt eine Inflation bisher nicht gekannten Ausmaßes. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) befürchtete bereits vor mehreren Monaten „Volksaufstände“ . Es könnte dann tatsächlich sein, dass wankelmütige deutsche Politiker plötzlich die Fronten wechseln wollen - wie Italien im Zweiten Weltkrieg. 

Nach dem Cui-Bono-Prinzip (Wem nutzt das?) bleiben nur die Amerikaner als Nutznießer der Operation übrig. Seit dem Anstieg des Gaspreises ist die deutsche Wirtschaft, einst der härteste Konkurrent der amerikanischen Wirtschaft, mit dieser nicht mehr konkurrenzfähig. Wirtschaftsvertreter erklären in Anhörungen im Bundestag unverhohlen, dass ihre Unternehmen nach USA abwandern werden. Die USA steigen außerdem gerade zum größten Erdgaslieferanten Europas und Deutschlands auf. Amerikanische Energiekonzerne verdienen Geld in einem Ausmaß, von dem sie nicht einmal geträumt  hatten. Die Ladung eines in den USA mit Gas befüllten LNG-Frachters kostet etwa 60 Millionen Dollar. In Europa lässt sich die Ladung locker für 260 Millionen Euro verkaufen. Die deutsche Gasimporte-Rechnung, die 2020 noch etwa bei 20 Milliarden Euro lag, dürfte sich in diesem Jahr bei 300 Milliarden Euro bewegen, im kommenden Jahr vermutlich noch höher. Das ist nicht mehr bezahlbar, sondern könnte in einer Hyperinflation enden – mit Zusammenbruch der Euro-Währung und der Europäischen Union insgesamt, da ihr Zahlmeister Deutschland dann wirtschaftlich am Ende ist. 

Deutschland befindet sich in einem Wirtschaftskrieg – mit den USA. Mit Russland hat man sich überworfen, die anderen europäischen Länder werden Berlin nicht helfen. Hat Deutschland aus zwei Weltkriegen, wo es am Schluss fast alleine stand, nichts gelernt? Die Antwort lautet: leider nein. 

Bilder: depositphotos

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