Michel Barnier, in den Fußstapfen des großen Generals

Von Willy Wimmer

Es ist für uns alle Eile geboten. Nur für kurze Zeit scheint in EU-Europa das Fenster der blitzartigen Erkenntnis geöffnet zu sein. Dazu trugen die beiden ersten Pressekonferenzen des britischen Premierministers, Herrn Boris Johnson, und der EU-Kommissionspräsidentin, Frau Dr. von der Leyen, entscheidend bei. Doch zuvor ein Wort zu einer geradezu „europäischen Lichtgestalt“, dem EU-europäischen Chefunterhändler, Herrn Michael Barnier. Es ist kein europäischer Zufall, dass es dem „letzten Gaullisten“ in der europäischen Spitze gelungen ist, ein Ding der politischen Unmöglichkeit in elf Monaten hinzubekommen. Das kann nur jemand, der fest in der römischen Rechtstradition ebenso verhaftet ist wie in der Grundüberzeugung eines „Europa der Vaterländer“. In seiner Person und mit seinen Fähigkeiten hat er das gebündelt, was EU-Europa ausmachen kann und überhaupt die Grundlage für das europäische Friedens-und Wohlstandsprojekt gelegt hat. Es ist im EU-Vertrag die Souveränität der Staaten, die die Grundlage von allem ist und nicht die Herrschaft der Globalkonzerne und Globalmilliardäre, die sich die Staaten als Scharniere für ihre nicht-legitimierten Interessen halten. Es ist ein Verhängnis, dass Großbritannien sich für den Brexit entschieden hat. Wir sollten uns, bei aller Freude über das gestern erzielte Ergebnis, nichts vormachen. Aber es ist für EU-Europa das Damokles-Schwert für die Zukunft, wenn man es wagen sollte, durch einen fortlaufenden Putsch von oben, sich von der Volkssouveränität zu entfernen. Die Briten haben es klar gesagt: „keine Besteuerung ohne Repräsentanz des Volkes“. Das wurde in der „Pressekonferenz der Freude“ des britischen Premierministers Boris Johnson noch einmal deutlich. Frau Dr. von der Leyen sprach von Erasmus bis zur Niederlassungsfreiheit vieles an, was wir an EU-Europa alles so schätzen. Allerdings haben wir das alles nicht, weil wir die Souveränität Deutschlands und seiner Staatsbürgerinnen und Staatsbürger auf einem europäischen Altar opfern wollten oder mussten. Das alles haben wir, weil unsere Gründungsväter de Gaulle, Adenauer und de Gasperi waren. Dieses EU-Europa ist heute eher in Budapest und Warschau als anderswo stimmgewaltig. Herr Barnier lässt auch da hoffen.

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