Von Hans-Georg Münster
Die Berliner Regierungsparteien Union und SPD streiten sich wie die Kesselflicker um den Bundeshaushalt und die Besetzung von Verfassungsrichterstellen. Die Koalitionskrise wurde schon im ersten Jahr des Kabinetts von Kanzler Friedrich Merz Dauerzustand in Berlin. Aber als es um die „Kriegstüchtigkeit“ und die Unterstützung des korrupten Regimes in der Ukraine geht, wurden sich die Koalitionspartner überraschend wieder einig. Die Bundesregierung erwartet kein Ruhen der Waffen in der Ukraine, will weiter Geld nach Kiew schicken und – schlimmer noch – sie will jetzt Waffen beschaffen, um Russland direkt angreifen zu können.
Geld ist genug da; die deutschen Politiker borgen es per Kredit von kommenden Generationen. Niemand sieht die Parallelen zur deutschen Geschichte, denn das, was wir jetzt in Berlin sehen, war in der deutschen Hauptstadt schon 1914 zu erleben. Im August 1914 hatten alle Fraktionen des Reichstages – auch und gerade die eigentlich pazifistisch eingestellte SPD – die von Kaiser und Reichsregierung beantragten Kredite von fünf Milliarden Reichsmark zur Führung des 1. Weltkrieges zugestimmt. Es war der erste Schritt ins Inferno, an dessen Ende neun Millionen Soldaten gefallen und sechs Millionen Zivilisten gestorben waren, die europäische Ordnung in Trümmern lag, Deutschland wichtiges Staatsgebiet und seine Kolonien verlor und das verbündete Österreich-Ungarn aufgelöst wurde und im Dunkel der Geschichte verschwand. Seine Majestät Wilhelm II. („Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche“) machten sich 1918 davon – ins Exil in die Niederlande. 
Dass sich die Begründungen für den Krieg 1914 von den heutigen kaum unterscheiden, ist offenbar der jetzigen Politiker- und Journalistengeneration entgangen. In der Rede des damaligen Reichskanzlers Theobald von Bethmann Hollweg (1856-1921) im August 1914 könnte sich der heutige Kanzler Friedrich Merz wiederfinden: „Russland hat die Brandfackel an das Haus gelegt“, sagte Bethmann Hollweg und sprach von einem „erzwungenen Kriege mit Russland“. Einziger Unterschied zu damals ist die heutige Ruhe im Westen, die aber schnell zu Ende gehen könnte, wenn das Kartenhaus Europäische Union zusammenbrechen wird, niemand für die aufgehäuften Schulden aufkommen und die Stabilität des Euro sichern will. Helmut Kohl hatte schon Recht, als er den Euro eine Frage von Krieg und Frieden nannte – und dabei nach Frankreich blickte.
Ansonsten sind die Parallelen unübersehbar: So wie das Deutsche Reich 1914 das vom Nationalismus seiner Völker hohl gewordene Österreich-Ungarn unterstützte, stellt sich die Bundesrepublik Deutschland heute an die Seite der Ukraine, eines der korruptesten Länder der Welt. Merz sagte am 9. Juli 2025 im Bundestag: „Wir werden der Ukraine weiter helfen, auch gegen den Widerstand der politischen Linken und der russlandfreundlichen Rechten hier im Haus. Wir werden diese Unterstützung fortsetzen.“ Und wie schon 1914 stimmt die SPD wieder der Kriegsfinanzierung zu. Ein letzter Vorstoß einer Gruppe von Sozialdemokraten gegen die Aufrüstung schlug fehl.
Was damals fünf Milliarden Reichsmark Kriegskredite waren, sind heute 500 Milliarden Euro „Sondervermögen“ – eine trickreiche Vernebelung für Kredite, die zur Aufrüstung aufgenommen werden. Damit soll die Bundeswehr kriegstauglich gemacht werden, wie Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) nicht müde wird zu betonen. Neueste Aktion ist die von Pistorius bei seinem Besuch in Washington angekündigte Beschaffung von Raketenwerfern vom amerikanischen Typ „Typhon“. Sie können Ziele in 2.000 Kilometern Entfernung treffen – also auch in Russland. „Deutschland kann also damit seine eigene Verteidigungsfähigkeit deutlich steigern, auch seine Abschreckungsfähigkeit deutlich steigern“, sagte Pistorius nach einem Gespräch mit seinem US-Kollegen Pete Hegseth in Washington. Das Gegenteil ist richtig: Zur Abwehr von Angriffen werden keine bis Moskau reichenden Raketensysteme gebraucht.
US-Präsident Donald Trump hat längst gemerkt, dass Europa gerade zu einer Schuldenorgie ansetzt, besonders das früher als sparsam geltende Deutschland. Trump will der Ukraine Abwehrsysteme vom Typ Patriot liefern lassen – über den Umweg über europäische Länder, die die Raketensystems auch bezahlen sollen. Eine typischer „Deal“ von Trump. Er macht sich die Finger nicht schmutzig, aber den US-Konzernen könnte der „Deal“ Milliardenbeträge in die Kasse spülen. Vermutlich wird die finanzielle Hauptlast für diese Waffenlieferungen von Berlin zu tragen sein – Deutschland zahlt ja bekanntlich gerne.
An ein Ende des Krieges glaubt in Berlin und Brüssel niemand mehr. Die Bundesregierung gab jetzt bekannt, dass die EU am 13. Juni 2025 den vorübergehenden Schutz für Ukrainer erneut bis zum 4. März 2027 verlängert hat. „Damit werden ukrainische Staatsangehörige auch über März 2026 hinaus die Möglichkeit haben, in Deutschland einen Aufenthaltstitel nach § 24 Aufenthaltsgesetz zu beantragen“, erklärte das Bundesinnenministerium. Dieser § 24 ist eine Art Blankoscheck: Wer den Aufenthaltstitel hat, bekommt unter anderem Sozialleistungen wie Bürgergeld (auch Wohnungen), Zugang zum Arbeitsmarkt (falls gewünscht) und freie medizinische Versorgung. Für rund 1,5 Millionen Ukrainer in Deutschland ist dies Urlaub wie im Schlaraffenland, der gerade großzügig verlängert wurde.
Für die Deutschen hingegen wächst nicht nur das Kriegsrisiko und damit die Bedrohung ihrer persönlichen Existenz. Sie gehen auch wirtschaftlich schlechteren Zeiten entgegen: Die Realeinkommen sinken, Renten werden durch die Inflation entwertet, und Altersversorgungseinrichtungen werden in Probleme kommen, wenn sie ihr Geld in deutschen Schuldtiteln anlegen, da diese Schulden niemals zurückgezahlt werden dürften. Das mussten schon die Deutschen erleben, die im Ersten Weltkrieg die Kriegsanleihen zeichneten, die nach dem verlorenen Krieg wertlos wurden. Die Weimarer Republik weigerte sich, für die kaiserlichen Schulden aufzukommen. Nach der Not und dem Leid durch den Krieg folgte für das deutsche Bürgertum der dramatische wirtschaftliche und finanzielle Abstieg. Nur einer profitierte davon: Adolf Hitler
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