Es ist 212 Jahre her, dass Napoleon mit der Kontinental - Sperre den ersten großen Wirtschaftskrieg der Weltgeschichte anzettelte. Das führt zu drei Betrachtungen.
Von Dr. Menno Aden
1. Wirtschaftskriege als Eigentor
Staatliche Eingriffe in den Wirtschaftsablauf sind teuer und meistens erfolglos. Schulbeispiel sind die historischen und auch heute immer wieder versuchten direkten und indirekten Preisbegrenzungsgesetze. Insbesondere Embargos, wie sie unsere amerikanischen Freunde, ziemlich freizügig hier und da verfügen, und denen wir Europäer aus lauter Freundschaft Folge leisten, sind im Einzelfall für den embargierten Staat zwar schädlich, aber in der Regel bei weitem nicht so wie beabsichtigt. Der Preis auf Seiten des embargierenden Staates wird dabei kaum berechnet. In die Rechnung gehören nämlich nicht nur die Ausfälle von Ex- und Importen, sondern vor allem der Aufwand von Verwaltung und Militär, um diese Maßnahmen glaubwürdig zu erhalten; von dem kaum zu quantifizierenden politischen Schaden nicht zu reden. Frankreich musste von 1806 bis 1813 die Küste von Gibraltar bis Memel überwachen. Das war kaum machbar.
Napoleon ist letztlich daran gescheitert. Frankreich musste, um die allgemein verhasste Sperre durchzuziehen, immer schärferen Druck auf die Untertanen ausüben und sah sich zuletzt genötigt, die Niederlande und das gesamte norddeutsche Küstengebiet bis einschließlich Lübeck in unmittelbare Verwaltung zu nehmen und zu annektieren. Das führte zu Fehlallokation wirtschaftlicher und militärischer Ressourcen, die im Russlandfeldzug wahrscheinlich nützlicher gewesen wären. Der politische Schaden aus diesen Gewaltmaßnahmen für Frankreich war immens und dauert in der historischen Erinnerung an. Für das verhasste Großbritannien war die Kontinentalsperre dagegen ein Gottesgeschenk. Es hatte nun eine völkerrechtliche Legitimation, den Niederländern ( die ja nun Franzosen waren) die Kapkolonie und Ceylon wegzunehmen. Der wirtschaftliche Schaden infolge der Sperre war gering. Großbritannien suchte und fand neue Märkte in Nord- und Südamerika und bedient sie z.T. noch heute. Einmal etablierte Handelswege dauern lange, manchmal Jahrhunderte. - wenn sie nicht mit Gewalt unterbrochen werden. Hie heutige Lage der französischen Exportwirtschaft dürfte daher zum Teil auch auf den gewaltsamen Eingriff von 1806 zurückzuführen sein. Russland hielt sich nicht an die Kontinentalsperre. Das führte zum Krieg mit Russland und schließlich zum Ende der französischen Zwangsherrschaft (Schlachten bei Leipzig 1813 und Schlacht bei Waterloo 1815) in Europa.
2. Die Neue Seidenstraße
Dieses erste Beispiel eines großräumigen Wirtschaftskrieges lädt daher eigentlich nicht zur Wiederholung ein. Am Ende könnten wir Europäer gewinnen! Zwar mögen wir Märkte in den USA verlieren. Dafür aber lösen wir uns von einem Partner, der seit jeher die Regeln biegt, wenn und wie es ihm passt. Eine Abwendung Europas vom USA – Markt macht uns wohl auch glaubwürdiger auf anderen Märkten.
Wie damals Russland sich nicht dem französischen, so wird sich heute China nicht dem amerikanischen Diktat beugen. China mag kein einfacher Partner sein, aber es wird auf Sicht kein Interesse daran haben, sich im Handel mit uns zu stören zu lassen. Bereits heute haben sich die alten Warenströme vom Atlantik weg in Richtung Europa-Ostasien verlagert. Hinzu kommt die neuerdings von China forcierte Neue Seidenstraße. Das ist keine mythologische Figur! Man kann sie sehen, wenn Züge mit chinesischen Schriftzeichen zwischen Essen und Mülheim die Ruhr überqueren, um in Duisburg, Europas größtem Binnenhafen, be- und entladen zu werden.
3. Bagdadbahn und die Neue Seidenstraße
Der Aufbau der Neuen Seidenstraße drängt die historische Parallele zur Bagdad – Bahn auf. Diese sollte vor dem 1. Weltkrieg von Deutschland durch das Osmanische Reich bis an den Persischen Golf im heutigen Kuwait führen. Damit wäre die britische Herrschaft über die Seewege zwischen Europa und Asien (also Suez und Südafrika) weitgehend entwertet worden. Der verbissene Kampf Großbritanniens gegen dieses Projekt kann auch in meinem Buch Imperium Americanum (Graz 2016) nachgelesen werden. Diese Eisenbahnlinie hätte die Handelswege nach Asien sogar unter eine deutsche Aufsicht gebracht. Es ist anzunehmen, dass hier ein starkes Motiv für die Briten war, den Krieg von 1914 gegen das Deutsche Reich zu betreiben. Der Erste Weltkrieg, der die Bagdad Bahn verhinderte, passte daher sehr gut ins Konzept des Britischen Weltreiches.
Heute sind es nicht Bagdad – Bahn und Großbritannien, sondern die Bahnlinie durch Sibirien nach Deutschland und die USA. Damit haben wir fast dieselbe Situation wie vor 1914. Die USA beherrschen zwar die Seewege, aber sie können die Handelswege zu Lande zwischen Europa und China und Asien nicht ernsthaft stören. Es sei denn ….- aber hier stockt die Fantasie, weil man sich doch nicht vorstellen will, dass ein amerikanischer Präsident einen Atomkrieg auslösen würde. Freilich steht der derzeit regierende Präsident offenbar an der Grenze zur Schizophrenie. Wer weiß?
Ergebnis
Die USA werden einen Handelskrieg gegen uns Europäer nicht gewinnen. Da sie jedoch daran gewöhnt sind, stets Sieger zu sein, werden sie das erst erkennen, wenn sehr viel politisches Porzellan zerschlagen sein wird. Bis dahin haben wir Europäer uns darauf einzurichten, dass die USA, wie weiland Napoleon, zu immer gewalttätigeren Maßnahmen, wozu diese Macht ohnehin neigt, greifen wird, um ihre Interessen zu sichern. Das kann dazu führen, dass Europa, und hier ist offenbar Deutschland am gefährdetsten, nachhaltig geschädigt wird. Wir sollten uns vorsehen.
Bilder: @depositphotos
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