Die weit verbreitete Einführung von Technologien der Künstlichen Intelligenz kann den Staaten erhebliche wirtschaftliche Vorteile verschaffen, indem sie die Produktionseffizienz verbessern, das wissenschaftliche Potenzial stärken, die Informationssiche

Künstliche Intelligenz - Risiken und Chancen

Gastbeitrag: „Künstliche Intelligenz - Risiken und Chancen“

Von Andrei Ilnitsky, Alexander Losev

Fortschritte in der Technologie der maschinellen Intelligenz und bei der Entwicklung von Künstlichen neuronalen Netzen ebnen den Weg zur Schaffung eines übermächtigen intellektuellen Systems, welches für gewöhnlich als Künstliche Intelligenz (KI) bezeichnet wird. Führende Weltmächte, darunter auch Russland, haben begonnen nationale KI-Entwicklungsstrategien umzusetzen. Die weit verbreitete Einführung von Technologien der Künstlichen Intelligenz kann den Staaten erhebliche wirtschaftliche Vorteile verschaffen, indem sie die Produktionseffizienz verbessern, das wissenschaftliche Potenzial stärken, die Informationssicherheit gewährleisten und die Überlegenheit von konventionellen Waffen sicherstellen. 

Wie jede Technologie mit doppeltem Zweck birgt die KI jedoch nicht nur Vorteile, sondern auch Risiken und zwar Risiken auf globaler Ebene, insbesondere, wenn die Monopolisierung der Schlüsseltechnologien bei einer der Weltmächte stattfindet. 

Wenn die KI als Waffe bei der psychologischen Kriegsführung benutzt oder bei einem Informations- oder Cyberkrieg eingesetzt wird. 

"Wenn jemand ein Monopol auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz erreichen kann, dann sind die Konsequenzen für uns alle klar - er wird zum Herrscher der Welt", sagte kürzlich der russische Präsident Wladimir Putin bei einem Treffen zur Entwicklung von KI-Technologien. 

Leider sehen die Realitäten wie folgt aus: Die moderne Welt befindet sich, objektiv gesehen, bereits  in einem Zustand des proxy-hybriden Krieges, welcher nun wirklich nicht von der Seite Russlands entfesselt wurde. Dieser Proxykrieg wird einerseits um die Hegemonie, um Ressourcen und um die Aufrechterhaltung der Kontrolle über Finanzen, Handel und Technologie geführt und andererseits um die Erhaltung der Multipolarität und um die eigene Zukunft. In dieser Situation ist das Vertrauen in die nukleare Abschreckung - die Rettung. 

Heute - und dies wird von Gegnern anerkannt - ist Russland dazu in der Lage inakzeptablen Schaden zuzufügen, weshalb die Wahrscheinlichkeit eines direkten „heißen“ Konflikts gering ist. Aus dem gleichen Grund sind die wichtigsten „Mittel der Zerstörung“, um den Feind zu schwächen, die Hemmung seiner technologischen Entwicklung, wirtschaftliche Sanktionen, Informationsmanipulation, Cyber-Einfluss, sowie die Schaffung von Instabilität auf mehreren Ebenen in den einzelnen Ländern und ganzen Weltregionen. Buchstäblich vor unseren Augen ändert sich die Strategie der Konfrontation des Westens, angeführt von den Vereinigten Staaten, gegenüber Russland.

Konzeptionell sollte dem „Heißen Krieg“ - wie der Westen es sieht - der so genannte Stellvertreterkrieg oder Hybridkrieg vorausgehen. 

Dies wird im "Konzept eines schnellen globalen Schlags" offen dargelegt. Auch in der "Nationalen Verteidigungsstrategie der USA" sowie im soeben veröffentlichten Bericht der RAND - Corporation über die Richtungen der "Überladung" Russlands, der nach den gleichen Algorithmen aufgebaut wurde, wie sie zu Reagans Zeiten gegen die UdSSR erstellt wurden. (Der komplette RAND-Bericht in englischer Sprache ist verfügbar unter: https://www.rand.org/pubs/research_reports/RR3063.html)

Das Ziel eines solchen Proxy-Hybrid-Krieges ist es, Russland mit allen möglichen Mitteln vom Kurs abzubringen, eine fremde Agenda aufzuzwingen, den Staat zu erschöpfen / zu überfordern, seine Wirtschaft und politische Stabilität zu untergraben, die Moral der Bevölkerung zu beeinflussen, den Willen zum Widerstand zu verringern und letztendlich die Eliten und danach das gesamte Land dazu zu bringen vor dem Westen zu kapitulieren. Für die Wirksamkeit solcher Hybrid-Angriffe werden Schwachstellen gesucht, gegen die dann ein gezielter Schlag ausgeführt wird.

Gleichzeitig werden im Westen Technologien für die Künstliche Intelligenz (KI) entwickelt, die sowohl für Sicherheits- und Verteidigungszwecke als auch für Angriffe eingesetzt werden können. Es wird angenommen, dass die KI die dritte revolutionäre Innovation im Militärbereich sein wird, nach der Erfindung von Schießpulver und Atomwaffen. Die Vereinigten Staaten streben eine führende Position in der KI-Forschung und deren Einsatz bei der Entwicklung von Cyber- und autonomen Waffen an. China arbeitet ebenfalls aktiv in diese Richtung.

Eine ganze Reihe von Experten, Geschäftsleuten und Vertretern von IT-Unternehmen fordern ein Verbot der Entwicklung von jeglichen Waffen und autonomen Technologien, die eine KI verwenden und behaupten, dass die Entwicklung der KI die Menschheit letztendlich zerstören wird. Das einzig seltsame dabei ist, dass diese Verbote anscheinend in erster Linie auf die Russische Föderation und China angewendet werden sollen und nicht auf die Länder der „zivilisierten demokratischen Welt“ - mit anderen Worten auf den Westen. Dabei ist anzumerken, dass bei dieser im UNO-Rat „träge“ vorgetragenen Diskussion über den Verbot solcher Waffen, im Grunde nichts anderes abzulaufen scheint, als der Versuch der USA und ihrer Verbündeten, unter dem Deckmantel der Sorge um allgemeine menschliche Werte, die Entwicklung solcher Waffen durch ihre geo-strategischen Rivalen - allen voran China und Russland - zu blockieren. Auf die eine oder andere Weise werden in den nächsten Jahren alle führenden Weltmächte in das innovative Wettrüsten hineingezogen werden, da jede technische Lücke von potenziellen Gegnern die Verwundbarkeit erhöht, die nur schwerlich mit konventionellen Waffen abgedeckt werden kann.

"Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen werden einen transformativen Effekt auf die Cybersicherheit und den Cyberkrieg haben ... Cyberangriffe werden komplex und extrem gefährlich", so der Bericht des Zentrums für strategische und internationale Studien (The Center for Strategic and International Studies, CSIS).

Angesichts des allgegenwärtigen Übergangs zur „Digitalisierung“ wird das Ausmaß der Folgen von Informations- und Cyberangriffen, ebenso wie die Etats für die Cyberabwehr und -resistenz, stetig zunehmen.

Die „Suche nach Schwachstellen“ wird so gut automatisiert sein, dass ein bedingter „Dritter Weltkrieg“ innerhalb weniger Sekunden stattfinden kann, wenn ein hegemonialer Staat mithilfe der KI-Technologie die Kontrolle über alle wichtigen Lebenserhaltungssysteme der Rivalen übernimmt. 

Um Beispiele solcher Absichten zu finden, muss man gar nicht weit gehen - erinnern wir uns nur an die jüngsten von der NYT veröffentlichten „Leakes“ zu den bevorstehenden Angriffen auf die Energieinfrastruktur der Russischen Föderation. Es ist offensichtlich, dass der Einsatz von KI im Bereich der öffentlichen Verwaltung sowie im Bereich der Verteidigung eine Regierungsentscheidung ist, die auf höchster Ebene getroffen werden muss, das liegt in der Zuständigkeit der politischen Führung der Länder der Welt. Die Einführung von KI in das Verwaltungssystem wird die Möglichkeiten der operativen Erfassung und Analyse öffentlicher Informationen erheblich erweitern, wodurch sozio-ökonomische Entscheidungen getroffen und bestimmte Aspekte der Innenpolitik gestaltet werden können. Man sollte sich jedoch darüber im Klaren sein, dass die KI nicht nur als Berater und Assistent fungieren kann, sondern auch als ein "digitaler Mephistopheles". Die in die Technologien der öffentlichen Verwaltung integrierte KI wird zu einem Instrument der Innen- und Außenpolitik und kann potenziell sowohl zur Stärkung der Staaten als auch zu deren Zerstörung führen.

Sollte die KI noch nicht installationsreif oder fehlerbehaftet sein, könnte sie sich zu einer  ernsthaften Bedrohung entwickeln. Und in vielerlei Hinsicht konzentriert sich die Gefahr der künstlichen oder maschinellen Intelligenz heute in den verschiedenen Kompetenzbereichen und gar nicht so sehr auf den Einsatz von KI in Militärdrohnen, Raketen oder Panzern.

Die Risiken der KI im Informations- und im Cyberspace liegen auf der Hand. Die KI wird in Kürze in der Lage sein, „gefälschte Nachrichten“ zu erstellen, gefälschte Pressemitteilungen auf den Websites von Regierungen und Zentralbanken zu veröffentlichen, eine künstliche Realität online zu erstellen, den Videoinhalt von Fernsehsendungen zu ändern und Konten von sozialen Netzwerken zu hacken, um dort spezielle Informationen zu verbreiten, die das Bewusstsein der Bürger beeinflussen und Politiker dazu zwingen könnten, die "notwendigen" Entscheidungen zu treffen. 

Innovative Errungenschaften auf dem Gebiet der KI sind daher nicht nur für die Volkswirtschaften der Länder von Vorteil, sie bergen auch durchaus das Risiko, einen echten Konflikt zwischen Ländern und Blöcken auszulösen. In Anbetracht dessen, betonte der stellvertretende Außenminister der Russischen Föderation, Sergei Ryabkov, in einem Interview mit der Zeitung „Kommersant“: „Es sieht so aus, als würden sich in den USA Menschen allen möglichen „roten Knöpfen“ nähern, die zunehmend aus der Generation der „Gamer“ kommen und die sich in Bezug auf die Frage des Einsatzes militärischer Gewalt recht verantwortungslos zeigen. Genau darin - bei diesen Menschen, ihrer Verantwortung und ihren Kompetenzen liegt die allergrößte Gefahr der neuen Technologien.“

Politik und Militär müssen die Konsequenzen des Einsatzes neuer KI-Technologien in der Wirtschaft und im öffentlichen Leben sowie auf dem Schlachtfeld genau vorhersagen können, konkrete Prognosen zu den bei zukünftigen Konflikten erwarteten Problemen erstellen und zur Bildung von Schadensminimierungs- und Risikomanagementsystemen beitragen. Russland seinerseits, wird - als friedliche Macht mit einer rein verteidigungspolitischen Doktrin - wie es in der Geschichte bereits mehr als einmal vorgekommen ist, in der Lage sein, „auf Umwegen“ die erforderlichen Kompetenzen auf dem Gebiet der KI zu schaffen, um sein Potenzial auf dem Gebiet der Informations- und Cybersicherheit zu stärken, sowie auch der nationalen Sicherheit im Allgemeinen.

Tags: KI, Künstliche Intelligenz, Technologie, Russland, Cyberkrieg, Cybersicherheit

Quelle: http://redstar.ru/iskusstvennyj-intellekt-eto-i-riski-i-vozmozhnosti/  (Übersetzung aus dem Russischen)

Autoren: 

Andrey Ilnitsky, Berater des Verteidigungsministers der Russischen Föderation, General-Leutnant.

Alexander Losev, Mitglied des Präsidiums des Rates der Föderation für strategische Überwachung, Generaldirektor der JSC "MC Sputnik".

Der Artikel gibt den persönlichen Standpunkt der Autoren wieder.

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