Von Willy Wimmer
Präsident Putin ist für Überraschungen gut. Seit seiner Weihnachtsrede vor befreundeten Staatschefs in St. Petersburg im Dezember 2019 und weiteren Klarstellungen hat er als einziger Staatschef auf der Welt eine historisch umfassende Einordnung des vergangenen Jahrhunderts mit dem Dreh-und Angelpunkt „Versailles 1919“ vorgenommen. Das fiel umso mehr ins Gewicht, weil die deutsche und österreichische Regierung es verabsäumten, an die Ereignisse in Versailles überhaupt zu erinnern. Dabei wurden sie vermutlich von dem Gedanken getrieben, daß das gesamte Konstrukt der Zusammenarbeit in NATO und EU bis heute darauf beruht, Deutschland und Österreich-Ungarn über den Ersten Weltkrieg zu vernichten und mittels Versailles die Zündschnur für einen weiteren Krieg in Europa zur gegenseitigen Vernichtung Deutschlands und der Sowjetunion zu legen. Nein, in Deutschland sollte man die umfassende Erinnerung an die Geschehnisse des vergangenen Jahrhunderts wachhalten. Und wenn dies nur zu dem einzigen Grund geschieht, Schaden vom deutschen Volk oder anderen Völkern auf der Welt fernzuhalten. So war es in Nachhinein kein Wunder, daß die deutsche Bundesregierung über Versailles in geradezu unverschämter Weise hinwegging. Wenige Wochen vor diesem denkwürdigen Erinnerungstag war schon der eigenen Verfassung nur klammheimlich zu ihrem Jubeltag gedacht worden. Es ist geradezu peinlich, an das Friedensgebot im Grundgesetz erinnert zu werden oder daran, daß Deutschland ein Rechtsstaat sei muß. Ein Rechtsstaat, dessen tragende Säulen durch die Schutzlosigkeit der deutschen Staatsgrenzen seitens der Bundeskanzlerin im September 2015 zum fortdauernden Schaden Deutschlands und unserer Beziehungen zu unseren Nachbarstaaten ausgehebelt worden sind.
Die jetzige Entscheidung, die Feierlichkeiten in Moskau auf den 3. September dann zu verlegen, wenn Covid 19 das erlauben sollte, ist in die heutigen Weltlage von größter Bedeutung. Nicht nur deshalb, weil damit zum ersten Mal und unter globalen Aspekten ein Gesamtblick auf die Ereignisse des 20. Jahrhunderts unausweichlich wird. Es wird nicht mehr unterteilt danach, auf was der Betrachter sein Hauptaugenmerk legt. Man muß das gesamte globale Bild im Auge behalten, um die damaligen Abläufe zu verstehen und Konsequenzen für die heutige Weltlage zu ziehen. Es ist geradezu zwangsläufig, sich mit der Rolle Japans in der damaligen Entwicklung zu beschäftigen. Dabei fällt vor allem ins Gewicht, wie verhängnisvoll und kriegsfördernd die seitens der USA verhängten Sanktionen zur Erdölversorgung Japans sich ausgewirkt hatten. Die Vereinigten Staaten hatten ihre wirtschaftliche Stärke genutzt, die Abhängigkeit Japans von Rohstoffzufuhren zur Waffe gegen Japan über die von ihnen verhängten Sanktionen gegen Japan umzusetzen. Die daraus resultierende Strangulierung Japans mit den Folgewirkungen für Japans Weg in den Krieg machen heute deutlich, wie sich die Sanktionspolitik der Vereinigten Staaten gegenüber anderen Staaten auszuwirken in der Lage ist. Sanktionen gegen Russland, Iran oderandere Staaten sind der garantierte Weg zum Krieg, wenn den kriegstreibenden Kräften in den Vereinigten Staaten danach sein sollte.
Gerade in der heutigen Zeit einer weltweit ausufernden Seuche werden die Abläufe, die in hohem Maße kriegsgeneigt sein könnten, deutlich und laufen vor unser aller Augen ab. Die Vereinigten Staaten und China verbeißen sich in der Schuldzuweisung durch den Ausbruch der Seuche in Wuhan. Dabei ist es nicht so sehr die Frage danach, auf welchem Weg sich die Seuche weltweit ausgedehnt haben könnte. Es ist der Zustand der bilateralen und internationalen Politik, der in den Augen einer weitgehend desillusionierten Weltgemeinschaft, einen Seuchenausbruch als geplanten Weg zum Kriegsausbruch möglich erscheinen läßt. Die Festlegung eines neuen Termins für die Parade in Moskau am 3. September 2020 wirft nicht nur die Frage danach auf, ob Covid 19 diesen Termin gestattet. Es wird die Frage danach sein, ob sich in Anbetracht aller Vorbereitungen dazu, den Konflikt zwischen China und den USA auf sie Spitze zu treiben, an diesem Tag sich die Welt nicht schon wieder in einem globalen Krieg befindet? Wer aufmerksam die globale Nachrichtenlage verfolgt, wird vor dem Hintergrund der westlichen Kriegsinszenierungen seit dem Jugoslawien-Krieg den Eindruck nicht los, daß die globale Lage eisenhaltiger wird. Dazu trägt in erheblichem Umfang der Signalcharakter des neuen Parade-Datums bei. Die Welt wurde durch die völkerrechtswidrigen Kriege der Vereinigten Staaten unter Zerstörung der Charta der Vereinten Nationen als Ergebnis des Zweiten Weltkrieges wieder auf den Rechtszustand zurückgeworfen, der am 1. September 1939 galt. Krieg wird demnach heute deshalb wieder geführt, weil man Krieg führen kann. In diesen Tagen geht ein Nobelpreisträger des Jahres 2008 davon aus, daß wir es beim Covid 19 Virus mit einer Laborschöpfung zu tun haben. Damit könnte die Auseinandersetzung zwischen China und den USA die Funktion von Zwischenfällen einnehmen, die uns aus den Abläufen des Zweiten Weltkrieges als auslösende Faktoren für Großkonflikte bekannt sind. Man kann dabei an den Venlo-Zwischenfall ebenso denken wie an die Brücke in Nanking. Beides hatte Signalcharakter für das, was folgte: Krieg in Dimensionen, die die Welt noch nicht hatte durchleiden müssen. Aber es wurden in China auch Vorgehensweisen der Vereinigten Staaten im Rahmen eines Konflikte deutlich, die damals China getroffen haben, aber noch heute weite Zeile des Globus bestimmen. Augenfällig wird das in der südchinesischen Metropole Kunming, die sich geradezu auf Südostasien und die gesamte Welt ausrichtet. Das war in den Zeiten des Zweiten Weltkrieges besonders deutlich, weil sich die alliierte Konfrontation mit Japan wesentlich auf die regional naheliegende Burma-Straße konzentrierte. In Kunming ist es bis heute präsentes Wissen, welch weitreichende Folgen es hatte, das Kernelement der nationalchinesischen Streitkräfte in Form von sechs Elitedivisionen durch die USA im Kampf gegen Japan so einzusetzen, daß sie geradezu verheizt worden sind. Sie spielten damit keine Rolle für die Nachkriegszeit und militärisch blieb China ein geradezu unbeachtlicher regionaler Faktor, der zudem über den Bürgerkrieg für Jahrzehnte in die Isolation getrieben wurde. Hier in Asien zeigte sich ein amerikanisches Vorgehen, daß in heutiger Zeit im Nahen und Mittleren Osten umgesetzt wird. Über einen Krieg wird kein Beitrag zu einem Ausgleich von Interessen oder gar einem Frieden geleistet sondern zu einem fortdauernden Kriegsgebiet. Diese Dauerkriege dienen ausschließlich dem amerikanischen regionalen oder globalen Interesse und werden gegen Staaten gerichtet, die nicht akute Kampffelder in der Gegenwart sind oder sein müssen. Es ist geradezu ein welthistorisches Verhängnis, daß die amerikanische Heimatfront im Sinne eines „Dolchstoßes“ einem amerikanischen Präsidenten Trump in den Rücken fällt, der nachweislich von dieser jahrhundertalten amerikanischen Politik sich verabschiedet und seine Wahl gewinnen konnte, weil er versprach, mit Russland den Ausgleich zu suchen. Der 3. September 2020 wird wenige Monate vor der möglichen Wiederwahl des amerikanischen Präsidenten in dramatischer Weise das globale Augenmerk auf diese Tatsache lenken. Aber nicht nur das. Der Tag in Moskau wird Ausdruck dafür sein, in welchem Maßstab der Geschichtsvergessenheit die Verbündeten der Vereinigten Staaten den amerikanischen Präsidenten dabei alleine lassen, der Welt den Frieden zu bringen, auf den die Welt so dringend angewiesen ist. Russland hat zeitgleich zur Ankündigung, den 3. September 2020 für die Feierlichkeiten in Moskau vorzusehen, EU-Europa ein zielführendes Angebot gemacht. Eine militärische Kooperation mit der Europäischen Union wird für möglich gehalten. Es könnte der große Wurf für die europäische Zukunft in der Überwindung der kriegsbestimmten Vergangenheit sein. Frankreichs Präsident Macron denkt in diesen Kategorien. Irgendwo muß man mit Kooperation anfangen. Am 3.September 2020 wird man sehen, daß die ganze Welt eine Chance verdient
https://zeitgeist-online.de/1075-alexander-sosnowski-willy-wimmer-und-immer-wieder-versailles.html
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