Erste Risse im Berliner Regierungsbündnis / Widerstand gegen den Kriegskurs von Merz

Von Hans-Georg Münster

In der gerade ins Amt gekommenen Berliner Regierungskoalition von CDU/CSU und SPD zeigen sich Risse. In der SPD gibt es massiven Widerstand gegen den Kriegskurs von Bundeskanzler Friedrich Merz. Da Linke und AfD ebenfalls die harte Linie von Merz gegen Russland ablehnen, könnte der Kanzler vor dem Verlust der Mehrheit im Bundestag stehen. Allerdings bleiben die nicht der Regierung angehörenden Grünen weiter klar auf antirussischem Kurs.

Ein „Manifest“ aus dem „Erhard-Eppler-Kreis“ in der SPD macht in diesen Tagen Schlagzeilen in der deutschen Presse. Die Unterzeichner fordern die Aufnahme von Gesprächen mit Russland, keine Erhöhung der Militärausgaben auf fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts sowie keine Stationierung von neuen amerikanischen Mittelstreckenraketen in Deutschland. Das alles will Merz, dem die SPD-Gruppe aus dem Eppler-Kreis jetzt demonstrativ die Unterstützung verweigert. Die Benennung der Gruppe nach dem verstorbenen früheren SPD-Politiker Erhard Eppler ist Programm: Eppler hatte sich zeitlebens für einen intensiven Dialog mit Russland stark gemacht - auch nach dem Beginn der Auseinandersetzungen in der Ukraine, deren Regierung er eine gehörige Mitverantwortung an den Ursachen des Konflikts gab.

Zu den Unterzeichnern des Manifests gehören prominente Sozialdemokraten. Neben dem SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner und dem früheren Parteivorsitzenden Norbert Walter-Borjans haben auch die Bundestagsabgeordneten Nina Scheer, Maja Wallstein und Sanae Abdi unterschrieben. Besonders bedeutsam ist die Unterschrift des früheren SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich. Mützenich hatte dem früheren Kanzler Olaf Scholz bis zum Ende seiner Regierung im Bundestag den Rücken freigehalten. Nach der Wahl wurde er vom SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil regelrecht abserviert. Klingbeil muss jetzt aufpassen, dass er seine Mehrheit in der SPD behält und dass der für Ende Juni geplante Parteitag nicht wegen der Ukraine-Frage aus dem Ruder läuft und die Koalition in Gefahr gerät. Der wachsende Druck und eine drohende Niederlage auf dem Parteitag werden Klingbeil zwingen, dem Bundeskanzler Grenzen aufzuzeigen, damit es Merz mit der Unterstützung der Ukraine nicht zu weit treibt.

In dem Manifest wird unter anderem gefordert: „Möglichst schnelle Beendigung des Tötens und Sterbens in der Ukraine. Dazu brauchen wir eine Intensivierung der diplomatischen Anstrengungen aller europäischen Staaten. Die Unterstützung der Ukraine in ihren völkerrechtlichen Ansprüchen muss verknüpft werden mit den berechtigten Interessen aller in Europa an Sicherheit und Stabilität. Auf dieser Grundlage muss der außerordentlich schwierige Versuch unternommen werden, nach dem Schweigen der Waffen wieder ins Gespräch mit Russland zu kommen, auch über eine von allen getragene und von allen respektierte Friedens- und Sicherheitsordnung für Europa.“

In dem Papier heißt es weiter, für eine auf Jahre festgelegte Erhöhung des Verteidigungshaushalts auf 3,5 oder fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts gebe es „keine sicherheitspolitische Begründung“, dies sei vielmehr „irrational“. Zur Stationierung neuer amerikanischer Mittelstreckenraketen in Deutschland heißt es, diese weitreichenden, hyperschnellen US-Raketensysteme würden Deutschland „zum Angriffsziel der ersten Stunde machen“.

Merz lässt sich von dem wachsenden Widerstand bisher nicht beirren. Bei einem Besuch in den Niederlanden warf er Russland vor, „schwerste Kriegsverbrechen“ zu begehen. Und in Brüssel legte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen das 18. Sanktionspaket vor, das gegen Russland genau so wenig bewirken wird wie die davor geschnürten 17 Pakete, aber dafür der deutschen Wirtschaft und den Menschen noch mehr schaden wird. Die Milliardenbeträge, die von Deutschland in die Ukraine und an in Deutschland lebende Ukrainer fließen, fehlen für Infrastrukturinvestitionen, Bildungsmaßnahmen und für eine Stabilisierung der Sozialsysteme in Deutschland. Nach Angaben des Berliner Auswärtiigen Amtes wurden von Deutschland seit 2022 rund 48 Milliarden Euro an die Ukraine gezahlt. Das alles verschweigt Merz. Und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wirft den Unterzeichnern des Manifests „Realitätsverweigerung“ vor. Der Vorwurf fällt auf den Minister selbst zurück, der nicht sehen will, dass der Krieg für die Ukraine längst verloren ist und mit deutschen Waffen und deutschem Geld das Sterben nur verlängert wird.

Deutschland wird von Politikern regiert, die permanent gegen ihren Amtseid verstoßen, mit dem sie geschworen haben, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Der amerikanische Präsident Abraham Lincoln (1809 – 1865) hat mal gesagt: „Man kann das ganze Volk eine Zeit lang täuschen und man kann einen Teil des Volkes die ganze Zeit täuschen, aber man kann nicht das ganze Volk die ganze Zeit täuschen.“ Merz sollte begreifen, dass er so nicht weitermachen kann. Sonst wird er einen Platz in den Geschichtsbüchern als der Kanzler mit der kürzesten Amtszeit bekommen.

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