Erst Kriegsrhetorik – jetzt Aufrüstung: Bundeswehr erhält für 20 Milliarden Euro Schiffe und Flugzeuge

Von Hans-Georg Münster

Der Kriegsrhetorik und verbalen Aufrüstung lässt Deutschland jetzt Taten folgen. Nachdem der Inspekteur des deutschen Heeres Alfons Mais im November letzten Jahres erklärt hatte, die Bundeswehr müsse „kriegsbereit und siegesfähig“ sein, wurde kurz vor der parlamentarischen Sommerpause im Haushalts- und im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages der Weg für massive Rüstungsinvestitionen freigemacht. Selbst Fachleute waren überrascht, dass die Haushaltspolitiker der großen Koalition in einer Blitzaktion fast 19 Milliarden Euro für Rüstungsvorhaben bereitstellten und damit eine der längsten Wunschlisten des Verteidigungsministeriums seit Bestehen der Bundeswehr erfüllten.  

Für eine Überraschung in den Gremien sorgten die Grünen, von denen angenommen wird, dass sie nach der Bundestagswahl Teil der nächsten Bundesregierung sein werden. Die einstige Friedenspartei stimmte den Maßnahmen im Wesentlichen zu, fand es nur in einem Fall befremdlich, das noch nicht einmal abgeschlossene Verträge vorlägen. Die fehlenden Verträge betreffen eines der größten Einzelprojekte in dem 20-Milliarden-Programm. Dabei geht es um die Entwicklung eines neuen Kampfjets, der von Deutschland und Frankreich gemeinsam entwickelt und gebaut werden soll. Dieses „Future Combat Air System“ (FCAS) soll bis zu 100 Milliarden Euro kosten. Frankreich und Deutschland erwarten, dass sich weitere Nationen den Kampfjet-Projekt anschließen werden. „Ich hoffe im Sinne der Stärkung europäischer Sicherheitsinteressen, dass sich Nationen wie Großbritannien und Italien zu gegebener Zeit an diesem Zukunftsprojekt beteiligen werden“, sagte Luftwaffeninspekteur Ingo Gerhartz bei einem Besuch der an den bisher hauptsächlich beteiligten Unternehmen Dassault, Airbus und Indra.

Mit den vom Haushaltsausschuss bereitgestellten 4,5 Milliarden Euro sollen die ersten Schritte beim Projekt Future Combat Air System gegangen werden. Dazu gehört bis 2027 der Bau von zwei Demonstratoren. Ein Demonstrator soll flugfähig sein, um die Aerodynamik zu testen. Der zweite Demonstrator soll für Tests am Boden dienen, um zum Beispiel die Tarnkappenfähigkeit zu erproben. Der Jet soll außerdem von einer bewaffneten Drohne begleitet werden. In Fachkreisen heißt dieses Einsatzkonzept „Loyal Wingman“.

Mit der Entscheidung für das Future Combat Air System setzte sich der Haushaltsausschuss demonstrativ über Bedenken des Bundesrechnungshofes hinweg, der auf die haushalterischen Grundsätze hingewiesen hatte, wonach die Regierung erst einen Vertrag über das Projekt vorlegen müsse, ehe die Gelder genehmigt werden könnten. Auch das Beschaffungsamt der Bundeswehr hatte vor einer Entscheidung eine Vorlage eines Vertrages verlangt, in dem die Interessen der Bundesrepublik gesichert würden. Ohne einen solchen Vertrag werde die französische Industrie erheblich bevorzugt, indem sie Entwicklungsergebnisse für eigene Zwecke nutzen könne. Aber offenbar hatte man es in Berlin mit der Aufrüstung eilig und wischte die Bedenken beiseite. Außerdem soll die Marine zwei weitere U-Boote der Klasse 212 „Common Design“ für 2,7 Milliarden Euro erhalten. Bisher war die nur noch aus sechs Booten bestehende deutsche U-Boot- Flotte kaum noch der Rede wert. Wegen zahlreicher technischer Mängel war die gesamte Flotte zeitweilig außer Betrieb. Jetzt wird auch hier massiv aufgerüstet. Die Marine soll außerdem drei neue Flottendienstboote für zwei Milliarden Euro erhalten. Bei dem harmlos klingenden Begriff Flottendienstboot handelt es sich in Wirklichkeit um mit Spionagetechnik vollgestopfte Boote, die zum Beispiel im Nordmeer, im Atlantik, aber auch im Mittelmeer und Schwarzen Meer feindliche Schiffs- und Flugbewegungen überwachen können. Solche Aufträge erledigen auch Seefernaufklärer. Die Bundeswehr soll fünf neue Flugzeuge des Typs P8a von Boeing für 1,4 Milliarden Euro erhalten. Diese Flugzeuge dienen auch der U-Boot-Jagd. Mit zwei weiteren Marinetankern für fast eine Milliarde Euro soll zudem die Reichweite der Korvetten und Fregatten erhöht werden.

Außerdem sollen 100 Stück des Schützenpanzers Puma für 1,5 Milliarden Euro aufgerüstet werden. Der lufttransportfähige Puma kann bei Luftlandeoperationen hinter den feindlichen Linien zum Einsatz kommen, womit die Durchhaltefähigkeit von Fallschirmjägereinheiten erheblich verlängert werden kann. Nur die Entscheidung über den Bau eines neuen Kampfpanzers ist offenbar noch nicht gefallen.

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