Dresdner Stollen: Dexit für alle

Willy Wimmer, Staatssekretär a.D.
Natürlich ist das ein Donnerschlag, den an diesem Wochenende die AfD auf ihrem Wahlparteitag in Sachsens Metropole Dresden beschlossen hat. Die Medien, die schon voller Überraschung über einen nicht nur gesittet ablaufenden Parteitag berichten mussten, hatten endlich publizistischen Sprengstoff mit dem sich öffentlicher Eindruck gegen die AfD schinden lies. Dabei drückte die sachlich gehaltene Diskussion auf dem Parteitag nur das Spannungsfeld aus, in dem sich die politische Ordnung EU-Europas derzeit befindet. Die AfD hat es zugespitzt formuliert, was uns eigentlich umtreiben müsste. Es war nicht nur das kindische Sitzpolster-Verhalten der EU-Spitzenleute, Frau Dr. von der Leyen und Michel, bei ihrem Besuch in der Türkei, als sich einer der angereisten Gäste plötzlich degradiert auf dem Sofa wiederfand. In besseren Zeiten hätte das staunende Publikum über derartiges Geplänkel weggesehen. Nachdem weder EU-Europa noch die nationalen Regierungen in Sachen Covid-19 Tatkraft und Lösungskompetenz unter Beweis stellen, ist das anders. Vorfälle, wie der in Ankara, bekommen plötzlich Gewicht. Das ist allerdings überhaupt nichts gegen eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes in Zusammenhang mit dem Covid-Rettungsfond der EU. Man sollte sich daran erinnern, dass vor wenigen Tagen das Gericht in Karlsruhe dem Herrn Bundespräsidenten aufgegeben hatte, seine Unterschrift nicht unter das Gesetz über den genannten und siebenhunderfünfundsiebzig Milliarden schweren Fond mit der vertragswidrigen Verschuldung der EU zu setzen. Wenn das Vorgehen des Karlsruher Gerichtes keine bloße Luftnummer gewesen sein sollte, muss mit einer Entscheidung in der Hauptsache gerechnet werden, die diesen Rettungsfond aus guten Gründen an Deutschland scheitern lässt. Das wird dann mehr sein als der Sack Reis, der irgendwo in China umfällt. Man wird dann feststellen, in welch kurzer Zeit neben dem Euro die ganze Europäische Union auseinanderfliegen dürfte. Wenn das Urteil zugunsten einer Unterschrift durch den Herrn Bundespräsidenten ausfallen sollte, dann dürfte das Bundesverfassungsgericht sich mit ernsten und seine Substanz betreffenden Vorwürfen konfrontiert sehen. Alle diese Vorgänge sind ein Beispiel dafür, dass die derzeitige Konstruktion des EU-Europas nur noch durch eine „Politik auf des Messers Schneide“ betrieben werden kann. Vor wenigen Wochen hat das mustergültig die Frau Bundeskanzlerin unter Beweis gestellt, als sie die Zustimmung von Polen und Ungarn zu exakt diesem Covid-Rettungsfond in der Zeit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft erkaufen musste. Sie schaffte dies durch einen Kompromiss, in dessen Hintergrund die klare Festlegung über die EU als Staatenbund und eben nicht als Bundesstaat stand. Das, was die AfD in Dresden beschlossen hat, wäre ohne die Anleihe bei Frau Dr. Merkel nicht so aktuell unter Beweis gestellt worden. Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages, Peter Boehringer, hat in Dresden darauf aufmerksam gemacht, dass die politische Konstruktion der EU der Grund dafür sein dürfte, auch ohne Austrittsbeschlüsse zur EU, Europa über einen riesigen Schuldenberg auseinander fliegen zu sehen. Dabei produziert das, was unter Bundesstaatsgejohle in Brüssel betrieben wird, eine Sollbruchstelle nach der anderen. Das zeigt sich mustergültig an der Behandlung von Polen und Ungarn durch das politische Brüssel. Das sind keine mental annektierten Gebiete sondern selbstbewusste Staaten, die sich keinesfalls durch die „illiberale Herrschaft der Nichtregierungsorganisationen“ aus Brüssel bestimmt sehen wollen. Die selbstverliebte Sicht Brüssels auf EU-Europa vernebelt die politischen Hirne.
Kein Wunder, wenn zwar der europäische Wähler nichts mehr zu sagen hat, aber Frau Melinda Gates weiß, wenn sie zu jeder Tages -und Nachtzeit in den Führungsetagen anrufen kann. Wenn es anders wäre, hätte man sich längst im Vorgehen gegen Budapest und Warschau damit beschäftigt, wie sehr die öffentliche Meinung in diesen Staaten dem anhängt, was in Russland in der jüngst verabschiedeten neuen Verfassung zu Familie, Nation, Glauben, Völkerrecht verabschiedet worden ist. Es ist aber nicht nur der Blick nach Osten, an dem es in Brüssel mangelt. Jüngst hat in der ARD eine Dokumentation auch mit einem Bericht des WDR über den Brexit Furore gemacht. Im BBC-Teil dieses Abends wurde lang und breit über die Gründe hinter dem Brexit gesprochen. Danach wurde von britischen Eliten Brüssel schief angesehen, weil es für soziale Netze und Arbeitnehmerrechte stehen würde. Etwas, was nicht nur in der City of London für „der Leibhaftige“ gesehen wird. Da bleibt man lieber Freibeuter, den eigenen Volk und den anderen Staaten gegenüber. Man hat in der Zeit nach Herrn Barnier in Brüssel neben „Gender“ und Kriegsvorbereitung kaum den Eindruck, eigene Stärken auch stark zu halten. Das Rennen um diese Stärken scheint einen neuen Mitbewerber zu bekommen. Anders kann man auch die Kommentierungen in deutschen Medien über Präsident Joe Biden und sein Covid-Billionen-Gesetzespaket nicht deuten. Danach deutet sich eine „Sozialdemokratisierung“ der USA im europäischen Sinne an. Im geostrategischen Sinne wäre das „der neue-Elephant im Raum“ für EU-europäische Politik. Es sei denn, Präsident Biden lässt die Nuhlands dieser Welt von der Leine und Europa verglüht in den Zündeleien aus Kiev. Man sollte nach dem Beschluss der AfD einen Augenblick bei Dresden verweilen. Als Moskau den Weg zur Einheit freigab, war diese in Westeuropa akzeptabel, weil sich die Bundesrepublik als seriöser Partner in der Europäischen Gemeinschaft bewährt hatte. Alexander Gauland hat in Dresden daran erinnert und er hat Recht. 

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