Die Teilung der Welt und der Gesellschaft in Gut und Böse

Von Wolfgang Bittner

 

Schon seit einigen Jahren erleben wir zunehmend eine Teilung der Welt in die angeblich Guten und die angeblich Bösen. Was damit einhergeht, ist eine Emotionalisierung der Bevölkerung und eine erschreckende Militarisierung (bezeichnend die Aussage des Verteidigungsministers Pistorius: „Wir müssen kriegstüchtig werden“). Die Militärausgaben für das Jahr 2022 betrugen weltweit die ungeheure Summe von 2,2 Billionen Dollar, wovon etwa 40 Prozent auf die USA entfielen. Ihr Etat für die größte Streitmacht der Welt betrug im Jahr 2022 insgesamt 877 Milliarden Dollar. Demgegenüber gab Russland 86,4 Milliarden für sein Militär aus, erhöhte aber für 2024 seinen Militäretat um 70 Prozent.

Wo wir hinschauen, herrschen Konfusion, Chaos und Krieg. Und es ist festzustellen, dass in fast allen Fällen die USA dafür verantwortlich sind. Sie haben es geschafft, überall in der Welt Krisenherde zu schaffen und auch Europa zu spalten. Nachdem die Regime Changes in Venezuela, Iran, Syrien und Weißrussland nicht gelangen, sind zurzeit Georgien und Moldawien im Visier der USA. Vorgegangen wird nach der in der Ukraine angewandten Methode: Die Unzufriedenheit von Bürgern und deren EU-Begeisterung sollen unter Einsatz von „Interventionsaktivisten“ genutzt werden, um Unruhe zu verursachen und schließlich einen Regierungswechsel herbeizuführen.

 

In der Ukraine ist das 2014 gelungen, und seither ist das Land in den Händen der USA, die sich ihrer Handlanger bedienen. Es ist eindeutig: Was in der Ukraine mit diesem provozierten Krieg geschieht, der zurzeit in den Medien vom Nahost-Konflikt überlagert wird, haben die USA zu verantworten (wie sie auch seit mehr als hundert Jahren die Entwicklung in Europa bestimmt haben). Deutschland schuldet der Ukraine und ihrer von Nationalisten und Faschisten geführten Regierung gar nichts. Ukrainische Geflüchtete, die in Deutschland Sonderrechte erhalten haben, könnten ohne weiteres in der Westukraine in speziell einzurichtenden Refugien versorgt werden. Aber die Berliner Politiker haben die Staatsgrenzen preisgegeben, sie vertreten nicht deutsche Interessen, sondern befolgen offensichtlich die Vorgaben aus Washington auf Kosten der eigenen Bevölkerung.

Es zeichnet sich ab, dass Deutschland systematisch destabilisiert und ruiniert wird. So wie ich das sehe, steht dahinter eine gut durchdachte anglo-amerikanische Strategie. Das habe ich in meinen vier politischen Büchern seit 2014 genauer ausgeführt. Zu berücksichtigen ist bei allem, dass Deutschland nach wie vor keinen Friedensvertrag hat und nach der UN-Charta ein Feindstaat gegenüber den Gegnern des Zweiten Weltkriegs ist, also wegen „Unbotmäßigkeit“ sanktioniert oder sogar besetzt werden könnte, und zwar ohne UN-Mandat. Russland wollte nachweislich Frieden in Europa, vorrangig mit Deutschland, doch das haben die USA aus eigennützigen Beweggründen verhindert.

US-Präsident Joseph Biden wähnt sich jetzt am Ziel seiner jahrzehntelangen Bemühungen, Russland den westlichen Begehrlichkeiten und strategischen Interessen zu unterwerfen. Aber Russland ist eine Atommacht und wird eine Niederlage, die Vasallenschaft und eine Zerstückelung des Landes zur Folge hätte, niemals zulassen. Daher wird der Ukraine-Krieg enden, wenn die USA feststellen werden, dass Russland nicht aufgibt und gewinnen wird. Bis dahin soll das Land in diesem Stellvertreterkrieg noch weiter geschwächt werden.

Auszuschließen ist aber nicht, dass es durch einen provozierten Zwischenfall zu einem großen Krieg kommt. Sollte es dazu kommen, würde Deutschland endgültig von der Landkarte verschwinden. Denn die Militärbasen der USA befinden sich im Visier der russischen Raketen. Dennoch wird gegen alles Mögliche demonstriert, aber nur sehr vereinzelt gegen Aufrüstung, Krieg und die Verbreitung von Völkerhass. Die Indoktrination der Bevölkerung hat gewirkt, nur wenige nehmen wahr, dass die Bombe bereits über ihnen schwebt. Dass die deutsche Regierung, aber auch die französische, sich den Intrigen, Ränkespielen und Vorschriften der USA nicht entzogen haben, vielmehr die Sanktions- und Kriegspolitik zu Lasten ihrer Bevölkerungen willfährig mittragen, ist genau genommen Hochverrat. Auch EU-Institutionen unterliegen offensichtlich dem Einfluss der USA. Ursula von der Leyen, die mächtigste Frau Europas, stand nicht einmal auf der Wahlliste. So werden die führenden Positionen mit willfährigem Pesonal besetzt.

Deutschland – verraten und verkauft

Inzwischen ist klar, dass die Vereinigten Staaten auf einen Regime Change in Moskau hinarbeiten, durch Unterwanderung und auch militärisch. Dabei ist zu bedenken, dass Russland das größte Land der Welt mit enormen Ressourcen ist. Seit langem wird schon versucht, das Land den wirtschaftlichen und geostrategischen Zielen des Westens zu öffnen. Europa wird momentan in den Ruin getrieben und als Konkurrent der USA ausgeschaltet. Die US-Wirtschaft, die vor dem Zusammenbruch stand, erholt sich allmählich, während die deutsche Industrie zusehends schrumpft, viele Unternehmen abwandern oder insolvent gehen. Und der deutsche Bundeskanzler lässt sich in Washington instruieren, der Wirtschaftsminister will nach einem Gespräch mit Joseph Biden in Europa „dienend führen“, die Außenministerin will Russland ruinieren.

Die Haltung der Berliner Politiker ist an Inkompetenz und Devotion kaum zu überbieten. Hinzu kommt ein grundlegendes Problem: Den führenden deutschen Politikern und Journalisten fehlt es an geschichtlichen Kenntnissen und an Geschichtsbewusstsein und sie haben keinen geopolitischen Überblick. Insofern bleiben Politik und Berichterstattung unglaubwürdig, umso mehr als sie unter dem bestimmenden Einfluss der USA und der NATO stehen.

Dabei liegt die Strategie der USA seit Langem offen. 2015 hatte der Direktor des einflussreichen Washingtoner Thinktanks Stratfor, George Friedman, in einer Rede gesagt, für die Vereinigten Staaten sei seit einem Jahrhundert die Hauptsorge, dass sich deutsches Kapital und deutsche Technologie mit russischen Rohstoff-Ressourcen und russischer Arbeitskraft verbänden. Das sei eine Konkurrenz, wirtschaftlich wie militärisch, die die USA nicht dulden würden. Deswegen habe man einen „Cordon Sanitaire“, einen Sicherheitsgürtel um Russland herum aufgebaut. Soviel zur Langzeitstrategie der Vereinigten Staaten, die 1904 von ihrem Präsidenten Theodore Roosevelt pauschal zur Ausübung einer „internationalen Polizeigewalt“ und zur kompromisslosen Durchsetzung wirtschaftlicher und strategischer Interessen ermächtigt wurden.

Dass diese „Ermächtigung“ weiterhin gilt, hat sich offenkundig mit der Sprengung der Ostseepipelines erwiesen. Der amerikanische investigative Journalist Seymour Hersh ist nach umfangreichen Recherchen zu dem Ergebnis gekommen, dass die USA diese Sprengungen, also diesen Angriff auf die deutsche Infrastruktur durchgeführt haben. Die deutsche Regierung, die aller Wahrscheinlichkeit nach Bescheid weiß, schweigt dazu – wieder ein Zeichen für die mangelnde Souveränität. Und Hersh wird, wie alle, die etwas sagen, was nicht genehm ist, scharf angegriffen und diffamiert.

Dissoziale Persönlichkeitsstörungen in der Führungselite

Dass führende Politiker und Journalisten an den Lügen- und Hetzkampagnen teilnehmen, zeugt von der Verkommenheit in der politischen und medialen Szene. Es hat den Anschein, als hätten wir es in vielen Bereichen mit ideologisch verwirrten Fanatikern, Irren und Verbrechern zu tun, deren höchste Instanz aus Washington die westliche Welt im Zangengriff hält. Dabei sind nicht nur Krieg und Not in der Welt, sondern auch die Problemlösungen. Aber sie werden nicht zur Kenntnis genommen, geschweige denn umgesetzt. Es scheint so, als würde die Menschheit von Psychopathen in den Abgrund getrieben. Und die Bevölkerung in ihrer großen Mehrheit hält still.

Zu befürchten ist, dass nicht wenige der führenden Persönlichkeiten in Politik, Wirtschaft und Journalismus unter einer „dissozialen Persönlichkeitsstörung“ leiden, auch „antisoziale Persönlichkeitsstörung“ (APS) genannt, eine psychische Erkrankung. Kennzeichnend dafür ist insbesondere eine mangelnde Empathie sowie Gefühlskälte anderen gegenüber und weitgehendes Fehlen von sozialer Verantwortung und Gewissen. Der Begriff wird im medizinischen Diagnoseklassifikationssystem ICD folgendermaßen beschrieben: „Eine Persönlichkeitsstörung, die durch eine Missachtung sozialer Verpflichtungen und herzloses Unbeteiligtsein an Gefühlen für andere gekennzeichnet ist. Zwischen dem Verhalten und den herrschenden sozialen Normen besteht eine erhebliche Diskrepanz. … Es besteht eine geringe Frustrationstoleranz und eine niedrige Schwelle für aggressives, auch gewalttätiges Verhalten, eine Neigung, andere zu beschuldigen oder vordergründige Rationalisierungen für das Verhalten anzubieten...“.

Hinzu kommt, dass die US-amerikanische Gesellschaft in weiten Teilen und bis in den Kongress hinein religiös-fundamentalistisch fanatisiert ist. Bis in die Gegenwart ist hier die Wahlverwandtschaft zwischen Puritanismus und Kapitalismus, eine „ökonomische Prädestinationslehre“ (wen Gott liebt, den lässt er reich werden) tief verwurzelt. Darüber hinaus sind viele der Hardliner offensichtlich der Ansicht, dass alles, was den USA nützt, letztlich der ganzen Welt zugutekommt, woraus sich ihr Anspruch auf globale Vorherrschaft ergibt.

Diese Politik führte auch Präsident Obama rigoros unter Missachtung der Regeln des internationalen Rechts weltweit fort. In seiner Rede vor der US-Militärakademie Westpoint am 28. Mai 2014 sagte er unter anderem: „Von Europa bis Asien sind wir der Dreh- und Angelpunkt aller Allianzen, unübertroffen in der Geschichte der Nationen … So sind und bleiben die Vereinigten Staaten die einzige unverzichtbare Nation“ [›the one indispensable nation‹]. Friedman hat also nur das ausgesprochen, was seit jeher die Politik der US-Regierung bestimmt.

Die USA wollen mit aller Macht ihren durch nichts begründeten Anspruch auf globale Herrschaft durchsetzen, selbst wenn es dabei zum großen Krieg kommt. Diese Hybris geht von den Neokonservativen in Washington mit den dortigen Finanz- und Wirtschaftseliten sowie der Rüstungsindustrie und ihrer Gallionsfigur Joseph Biden aus, der fast alle Konflikte und Kriege der letzten Jahrzehnte mit zu verantworten hat. Er wirkt zwar senil, aber er ist immer noch in der Lage, Deutschland zur bedingungslosen Unterstützung der Ukraine zu verpflichten, zur Teilnahme an einem Abnutzungskrieg, von dem die USA wirtschaftlich profitieren.

2014 sagte Biden in einer Rede, die USA beabsichtigten, Russland zu ruinieren und Präsident Obama habe die führenden europäischen Politiker sozusagen genötigt, dabei mitzumachen. Diesseits des Atlantiks wird Deutschland als Speerspitze gegen Russland eingesetzt, jenseits des Pazifiks stehen Japan und Südkorea als Vorhut gegen China. Das ist seit Längerem geplant: Die USA wollen ihre Kriege mit fremden Soldaten auf fremdem Territorium führen. Dabei beschreiten Vasallen wie Deutschland einen höchst problematischen Weg. Was geschieht, wenn die USA die Konfrontation mit China auf die Spitze treiben? Werden deutsche Soldaten dann unter Berufung auf einen NATO-Bündnisfall in einem Krieg mit China eingesetzt? Und welche Folgen hat es, dass sich die geopolitische Tektonik durch die aggressive Politik der USA insgesamt verändert? Wenn sich die deutsche Regierung weiter derart unreflektiert auf Washington einlässt und die USA abstürzen – was ja nicht völlig auszuschließen ist –, dann wird Deutschland mit untergehen. Auch das scheint der Berliner Politikerkaste nicht klar zu sein.

Die Charta der Vereinten Nationen scheint nur noch eine geschichtliche Erinnerung zu sein.

Von den großartigen Verpflichtungen der Charta der Vereinten Nationen für den Weltfrieden ist ebenso wenig übrig geblieben wie von den Vereinbarungen des Nordatlantikvertrages, weshalb die Forderung, Deutschland möge aus der NATO austreten, überaus berechtigt ist. Auch mehren sich die Stimmen, die eine von den USA unabhängige Politik für Deutschland fordern, nachdem deutlich geworden ist, dass die USA eine Langzeitstrategie verfolgen, die nicht den deutschen, aber auch nicht den europäischen Interessen dient, im Gegenteil.

Was den Europäern als „Partner“ der Vereinigten Staaten aufgebürdet wird, ist einem Interview zu entnehmen, in dem 2007 der Viersternegeneral Wesley Clark, zeitweise Oberbefehlshaber der NATO, rückblickend sagte, dass seinerzeit schon die Bush-Administration den Krieg gegen sieben Länder geplant habe. Das waren außer Afghanistan der Irak, Syrien, Libanon, Libyen, Somalia, Sudan und letztlich noch der Iran. Es gab also schon unmittelbar nach dem Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 einen Plan für Regimewechsel und Kriege im Nahen Osten und in Afrika. Hinzu kamen Einflussnahmen auf südamerikanische und osteuropäische Länder.

Das ist bis heute die Strategie der USA, die dadurch in permanente Konflikte mit Russland und China geraten. Anstatt die NATO 1991 nach der Auflösung des Warschauer Pakts ebenfalls aufzulösen, und zwar zugunsten eines gesamteuropäischen Sicherheitsbündnisses einschließlich Russlands, wurde das transatlantische Militärbündnis immer mehr zu einem Aggressionsinstrument entwickelt. Die aktuellen Konflikte und Kriege sind nicht durch Zufall entstanden, sie sind von gewissenlosen Psychopathen – anders kann man sie wohl nicht nennen – in Politik, Wirtschaft und Militär geplant worden. Neben Kriegshandlungen sind ökonomische Sanktionen zu einer Waffe für die Durchsetzung der globalen Vorherrschaft geworden.

Das Völkerrecht außer Kraft

Die weitaus große Mehrheit der Bevölkerung nimmt das alles widerspruchslos hin. Die inzwischen seit mehreren Jahren erfolgte Indoktrinierung hat gewirkt. Es hat den Anschein, als seien sehr viele Menschen durch den von der Regierung ausgeübten Corona-Terror geradezu paralysiert. Und nach der geschürten Angst vor einer Corona-Infektion kam die Angst vor dem Krieg. Bekanntlich kann Angsterzeugung ein Mittel zur Reglementierung der Bevölkerung sein, die sich in Ausnahmesituationen selbst einer drastischen Beschneidung der Bürgerrechte unterwirft – wie sich gezeigt hat.

Abgesehen von der akuten atomaren Bedrohung sind die Folgen der von den USA provozierten Auseinandersetzung gravierend. Russland hat schon länger damit begonnen, sich vom Westen abzukoppeln, neue Wege mit neuen Partnern zu gehen und sich gegen die Aggressionspolitik der USA zur Wehr zu setzen. Damit ist Russland nicht allein. Mehr als die Hälfte der Menschheit will sich die Zumutungen und die Unterdrückung durch die USA nicht mehr gefallen lassen. So ist zu registrieren, dass die BRICS-Organisation und die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit immer mehr Zulauf erhalten. Der Übergang von einer monopolaren zu einer multilateralen Weltordnung hat schon lange begonnen.

Unter anderem ist die Herrschaft des Dollar als Weltleitwährung in Frage gestellt, was allerdings weitere, hoch gefährliche Auseinandersetzungen nach sich zieht. Denn die USA werden sich nicht ohne Gegenwehr in den Bankrott treiben lassen. Sie verfügen über die größte Militärmacht der Welt, und das ist bei allem zu berücksichtigen, was künftig in den Bemühungen um eine friedlichere Welt unternommen wird. Aktuell stehen sich zwei Atommächte in einem Stellvertreterkrieg gegenüber, der jede Minute ausufern kann. Damit uns das erspart bleibt, müssen wir alles tun, was in unseren Kräften steht. Und das tun wir.

Dies ist der Text eines Vortrags, den Wolfgang Bittner auf dem Kongress der Neuen Gesellschaft für Psychologie am 24. November 2023 in Berlin gehalten hat.

 

Der Schriftsteller und Publizist Dr. jur. Wolfgang Bittner ist Autor zahlreicher Bücher, u.a. „Deutschland – verraten und verkauft“ und „Ausnahmezustand – Geopolitische Einsichten und Analysen unter Berücksichtigung des Ukraine-Konflikts“, Verlag zeitgeist 2021 und 2023. Siehe auch wolfgangbittner.de

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