Die Großen gehen und was kommt nach?

Von Dr. Norbert van Handel

Königin Elisabeth II. war sicherlich eine Ausnahmepersönlichkeit.
Die lebenslange Verantwortung für Großbritannien und seine Kolonien, später die Commonwealth Länder, war einmalig. Ihre Geburt fand 10 Jahre nach dem Tod Kaiser Franz Josephs I. statt. Hier drängt sich für den Historiker ein Vergleich auf:
Auch Franz Joseph war einer der bedeutendsten Monarchen seiner Zeit. Auch er hat lebenslang täglich und fleißig bis zum letzten Tag seine Verantwortung gegenüber seinen Völkern wahrgenommen. Genau dies sichert ihm auch heute noch ein ehrendes Angedenken, das in den Ländern der früheren Monarchie nicht zerstört werden kann.
Dass sein Nachfolger Kaiser und König Karl I. das Reich nicht bewahren konnte, liegt weniger an ihm als an der gnadenlosen Justiz der Entente. Österreich-Ungarn wurde ohne Volksabstimmungen, einerseits der einzelnen Länder betreffend ihrer Zugehörigkeit zum Reich, andererseits der Frage Monarchie oder Republik, zerstört.

Dies, obwohl Karl der einzige Staatslenker der damaligen Zeit war, der alles tat, um einen Friedensschluss schon Mitten im Krieg zu erzielen. Umsonst.Auch Charles III. von England wird mit Problemen konfrontiert sein, die einerseits den Zusammenhalt Großbritanniens, insbesondere Schottlands und Irlands, betreffen, aber andererseits auch die Frage inwieweit das Commonwealth noch so bestehen kann, wie es unter Elisabeth II. bestand.
Aber auch Michael Gorbatschow, ein weiterer Großer der Politik, ist vor einigen Tagen gestorben. Dass sein Versuch eine Sowjetunion mit menschlichem bzw. demokratischem Antlitz zu formen, ist gescheitert. Sosehr er als Friedensbringer in der westlichen Welt geachtet wurde, so wenig war dies in Russland der Fall. Putin mit Gorbatschow zu vergleichen, ist eine der vielen bewusst falschen Betrachtungen. Sie kommen aus einer Welt, die bedauerlicherweise so feindlich wie nie gegenüber Russland steht, statt auf allen Wegen den Frieden zu suchen.

Scheinheilig ist es, die leidende Zivilbevölkerung zu bedauern und gleichzeitig Waffen zu liefern. Dies spricht mehr als deutlich dafür, dass man keinen Frieden möchte, sondern Russland maßregeln, ja vielleicht sogar zerstören will. Falsch ist der Vergleich mit Gorbatschow auch deshalb, weil, zumindest nach unseren Informationen, nie darauf verwiesen wird, dass nach Gorbatschow Jelzin kam und nach Jelzin ein politisches Chaos herrschte, das nur mit - ja sagen wir es nur -autoritären Maßnahmen zu bekämpfen war, damit nicht auch noch die russische Föderation zerfiel. Dass Putin nachher buchstäblich alles versuchte, um mit dem Westen auf gleich zu kommen, dies aber die USA nicht wollten, hat Europa, die Ukraine und uns alle in jene Lage gebracht, in der wir uns jetzt befinden. Die Großen gingen und was kommt nach – wir blicken leider, wenn wir heute große Teile der politischen Persönlichkeiten sehen, in die Leere. Sowohl was demokratische Verantwortung gegenüber dem Volk betrifft als auch was Bildung und die Kunst der Politik als solches ausmacht.

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