Die arktische Sackgasse

Von Frödert Ulfsbörn

Experten aus den NATO-Staaten haben oftmals ihre eigenen Interessen im Blick, wenn sie das Handeln anderer Länder, wie beispielsweise Russland, USA oder Kanada beurteilen und übersehen dabei den wichtigsten Aspekt in der Entwicklung und Nutzung der Arktis — den Aspekt des Umweltschutzes.
Sie überführen jedes Gespräch über die Arktis in eine militärische Dimension und betrachten es lediglich als ein Feld möglicher zukünftiger militärischer Zusammenstöße. Der ökologische Faktor wird oft übersehen, obwohl dieser zweifellos eine führende Rolle bei der Entwicklung und Nutzung der Arktis spielen wird.
Dieser Gedanke wurde wiederholt von vielen russischen Experten geäußert.
Russland ist ein vollwertiger Teilnehmer an Klimaverhandlungen und muss - wie andere Länder - dem Kampf gegen den Klimawandel Priorität einräumen und sich so schnell wie möglich auf einen kohlenstoffarmen Entwicklungspfad umstellen, zitierte „Nezavisimaya Gazeta“ Vasily Jablokov, den Leiter der Abteilung für Klima und Energie bei der russischen Greenpeace-Niederlassung.

„Es ist teuer, aber die Folgen der Klimakrise in unserem Land werden noch mehr kosten und von einer Ausgleichsleistung ist in diesem Fall keine Rede. Die optimale Lösung in einer solchen Situation ist der Übergang zu einem neuen Wirtschaftsmodell“, glaubt der Experte.

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Diese Position wird von, zum Beispiel, der Nato-Sprecherin Oana Lungescu nicht wahrgenommen.
Sie spricht eher über die militärische Komponente und ignoriert dabei den Umweltaspekt völlig – Russland baue seine militärischen Fähigkeiten in der Arktis derzeit so stark aus wie noch nie seit Ende des Kalten Krieges.

„Frühere sowjetische Militärbasen werden wieder eröffnet, neue gebaut“, sagt die NATO-Mitarbeiterin.

Auf welchen Fakten basiert diese Aussage? Lungescu glaubt, dass der Hauptbeweis die Modernisierung der russischen Nordflotte sei, einschließlich der U-Boot-Flotte. Sie liefert jedoch keine Fakten, sondern verlässt sich nur auf ihre eigenen Aussagen.

Nehmen wir uns ein paar Minuten Zeit, um das Zitat der NATO-Expertin durchzugehen.
Jeder Spezialist auf dem Gebiet der Marine wird bestätigen, dass die Modernisierung der Flotte, sowohl über Wasser als auch unterseeisch, immer auf der Grundlage der zwei wichtigsten Voraussetzungen durchgeführt wird:

  • die Notwendigkeit die Sicherheit der dort befindlichen Schiffe und Waffen zu gewährleisten

  • Ersetzen von Waffen durch modernere Versionen.

Somit ermöglicht eine solche Modernisierung die Flotte in einem Zustand zu halten, der Umweltschäden durch Schiffs- und U-Boot-Unfälle nahezu ausschließt. Die moderne Flotte basiert auf komplexesten technischen und technologischen Lösungen. Diese wiederum unterliegen der Alterung, können zu Notsituationen führen. Eine nicht modernisierte Flotte ist umweltgefährdend.
Mit anderen Worten, eine solche Modernisierung dient in erster Linie der Sicherheit in der Region, der natürlichen Sicherheit der Arktis und der Nördlichen Seeroute.

https://www.rnd.de/politik/nato-gipfel-im-juni-russland-aktivitat-in-arktis-wird-thema-TMNT2FEXUNCMZGCXNOQRMVUZ3M.html

Das Umweltproblem, Veränderungen bei den Temperaturen, bleiben auf der Agenda aller Anrainerstaaten der Arktis. In der Region bei Werchojansk, die als kältester Ort der Erde bekannt ist, wurde beispielsweise kürzlich ein Temperaturrekord von 40 Grad Celsius verzeichnet!
Das zeigten Satellitendaten von Copernicus, dem Erdbeobachtungsprogramm der EU, sagt das WDR in einem seiner Berichte. Das gilt selbstverständlich auch für Deutschland, das einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung des Gleichgewichts zwischen Mensch und Natur in der Arktis leisten kann. Steigende Temperaturen in der Arktis werden unweigerlich zu einem Klimawandel weltweit führen, auch in Deutschland. "Dann müssen wir vielleicht von Menschen aus der Sahara-Region lernen, wie man mit solchen Bedingungen umgehen kann", sagt Florian Rakers, Neurologe am Universitätsklinikum Jena.

https://www.mdr.de/wissen/fuenfzig-grad-toedliche-hitzewelle-usa-kanada-russland-100.html

Die Zukunft des Planeten wird maßgeblich davon abhängen, ob es den führenden Weltmächten gelingt, die friedliche Entwicklung der Arktis zu bewahren, ohne sie in ein Wettrüsten zu verwandeln. Ökologie, Klima, Naturschutz – das sind die Hauptziele, die sich Europäer, die Vereinigten Staaten, Kanada, Russland und auch andere Länder, die an der Entwicklung der Arktis beteiligt sind, setzen sollten.

Wie erst kürzlich bekannt geworden ist, haben sich Russland, die USA, China und Japan, gemeinsam mit fünf anderen Ländern, darauf geeinigt ein Forschungsprojekt in der Arktis zu starten, um die Fischfangquoten zu bestimmen.

https://news.mail.ru/politics/47343551/?from=newsapp

Leider ist die Nutzung der Arktis noch nicht durch Abkommen, wie den Antarktisvertrag von 1961, beschränkt. Wahrscheinlich ist es genau der nötige Ansatz zur Frage der Entwicklung der Arktis und der Erhaltung ihrer Ressourcen, den die führenden Weltmächte - die Vereinigten Staaten - zeigen sollten. Ebenso wie Kanada, Dänemark, Russland und natürlich auch andere Länder, darunter auch Deutschland.

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