Deutschland im Zugzwang

 

Das Zwei-Prozent-Ziel, der US-Armeeabzug und die Nukleare Aufrüstung


Von John Brankly

Deutschland befindet sich im Zugzwang. Die US-Armee wird in Teilen abgezogen, Militärausgaben aber aufgestockt. Die NATO redet von nuklearer Abschreckung, Deutschland wird dabei aber praktisch als das Ziel eines Präventivschlags dargestellt.
Die FAZ zitiert den NATO-Generalsekretär, Jens Stoltenberg, dass die NATO
„Entscheidungen zur Abschreckung und Verteidigung“ treffen werde, „einschließlich unserer Antwort auf neue nuklearfähige Raketen aus Russland“.
Abgesehen davon, dass die NATO die Welt unberechtigterweise in eine Rüstungsspirale stürzen könnte, würde Deutschland dabei zur Zielscheibe, da sich auf deutschem Territorium immer noch amerikanische Atombomben befinden.
Egal, in welche Richtung Deutschland sich jetzt bewegen wird, es wird immer die falsche sein und in die Sackgasse führen. Warum sollte Deutschland, das eigentlich Atomwaffenfrei bleiben möchte, an den nuklearen Plänen der NATO teilnehmen?
Das Zwei-Prozent-Ziel für die Rüstungsausgaben ist aktuell in aller Munde.
Doch entgegen der häufigen Annahme, dieses Ziel sei von Trump formuliert worden, besteht die Vereinbarung bereits seit dem NATO-Gipfel 2002 in Prag. Damals wurde in den Nachwehen des 9/11 mit der amerikanischen Bush-Administration vereinbart, dass alle aktuellen NATO-Mitglieder und solche, die es werden wollen, sich an einem Zwei-Prozent-Ziel orientieren müssen. So sollte der NATO-Etat schrittweise erhöht werden. Deutschlands Anteil betrug damals knapp über 1,4% vom Bruttoinlandsprodukt und hat sich seitdem kaum verändert. Im Jahr 2019 betrug der Anteil 1,3% und lag damit deutlich unter dem weltweiten Durchschnitt von circa 2,2%. Für 2020 wurde der Anteil am BIP allerdings auf 1.56% und somit deutlich höher als zuvor prognostiziert.
Die NATO verstärkt ihre Präsenz in Europa
Seit dem Washingtoner Gipfel 1999 gibt es den sogenannten „Membership Action Plan“. Staaten können sich auf Kompatibilität in Bezug auf Militär und Einhaltung der Menschenrechte überprüfen lassen, um bei einem Positivergebnis in die NATO eingeladen zu werden. Aktuell befinden sich Bosnien und Herzegowina in diesem Verfahren. Bisherige Kandidaten waren Albanien, Kroatien, Montenegro und Nordmazedonien, die sich anschließend dem Militärbündnis angeschlossen haben. Dies stellt nach der Osterweiterung 2004 eine weitere Annäherung an die russischen Grenzen dar, was ursprünglich im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands ausgeschlossen worden ist.
Trump will teile der US-Armee aus Deutschland abziehen.
Auf Kritik stößt aktuell Trump, da er droht, einen gewissen Teil der US-Streitkräfte aus Deutschland abzuziehen. Zwar werden manche das durchaus begrüßen, andere hingegen verstehen es als Drohung. Begründet wird dieser Abzug mit der Aussage, dass die Bundesrepublik der NATO Geld schulde. Diese Forderung findet allerdings zu einem höchst ungünstigen Zeitpunkt statt, da sich aktuell die gesamte Welt in einer großen Krise befindet. Die Corona-Pandemie schwächt allerorten die Wirtschaft und so werden Gelder in wichtigeren Bereichen benötigt als bei Militärausgaben. Der angedrohte Abzug der Truppen von der Militärbasis Ramstein verwundert umso mehr, da sich seit 2014 im nahegelegenen Landshut das größte außeramerikanische US-Krankenhaus im Bau befindet. Für dieses wurde mehr als eine Milliarde US-Dollar veranschlagt.
Angekündigter Teilabzug stößt auf scharfe Kritik.
Besonders scharf hat sich Annegret Kramp-Karrenbauer geäußert:
"Das macht ganz deutlich, was die Nato nicht ist: Die Nato ist keine Handelsorganisation, und Sicherheit ist keine Ware.“ (Spiegel)
Nicht nur deutsche Politiker kritisierten den angekündigten Abzug, auch der frühere Oberbefehlshaber der US-Truppen in Europa, Ben Hodges, hält Trumps Ankündigung für einen politischen Schachzug. Bis zum Herbst sollen angeblich zwischen 5.000 und 15.000 US-Soldaten abgezogen werden. Wie genau das realisiert werden soll, ohne amerikanische Interessen zu beschädigen, sei noch nicht bekannt. Denn die Militärbasis diene vornehmlich als „Brückenkopf“ zu anderen Basen und Operationen, vor allem in Europa, Afrika und dem Mittleren Osten.
Verlegung der US-Armee nach Polen?
Nachdem sich Polens Präsident Duda und Trump bereits 2019 geeinigt hatten, zukünftig mehr US-Soldaten in das Nachbarland zu entsenden, hoffen nun polnische Militärs auf eine noch stärkere Präsenz der amerikanischen Streitkräfte im eigenen Land. Dies passt grundsätzlich zum Konzept der Großübung „Defender Europe 2020“, die seit Anfang des Jahres 2020 läuft. Das ist die größte gegen Russland gerichtete Truppenverlegung von US-Streitkräften nach Europa seit 25 Jahren. Ursprünglich sollten bis Ende Juni sämtliche Übungen abgeschlossen sein. Doch durch die Corona-Pandemie kam die Großübung zum Erliegen. Die Truppen sind also noch vor Ort, Teile der Übung sollen laut US-Militär zeitnah fortgesetzt werden.
Gefährliches Wettrüsten
Im Jahr 2019 gab es den größten Anstieg an Rüstungsausgaben seit zehn Jahren, zumal die Ausgaben seit 2014 bereits kontinuierlich gestiegen sind. Der NATO-Etat ist seit 2015 um mehr als 15% gestiegen. Auch vor dem 2. Weltkrieg im 20. Jahrhundert wurden die Rüstungsausgaben aller Staaten konstant erhöht. Wo Waffen sind, gibt es Krieg. Und wo es Krieg gibt, herrscht Leid. Die aktuelle Corona-Pandemie bietet bereits großen Anlass zu Besorgnis. Eine Forderung nach verstärktem Aufrüsten aller Staaten ist daher grundsätzlich eine gefährliche Entwicklung.

Quellen:
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/die-nato-kann-frueher-mit-atomschlaegen-drohen-16819571.html
https://www.spiegel.de/politik/ausland/nato-usa-wollen-sich-in-zukunft-mit-alliierten-beraten-a-dbff7f1d-8c40-4d65-ade1-f3404714f0e4

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