Der arktische „Angriff“ wird unbemerkt beginnen

Von Frödert Ulfsbörn

Es wird schon länger darüber gesprochen und geschrieben, dass die Arktis zum Feld des zukünftigen Weltkriegs werden wird. Es scheint jedoch, dass nur die Autoren dieser Texte daran glauben. Politiker, Militärs, Umweltschützer ziehen es vor, über ihre eigenen Themen zu sprechen - Navigation, Klima, Testen neuer Arten von Waffen. Und nur wenige kapieren, dass hinter diesen Worten die fieberhafte Bewegung einer ganzen Reihe von Staaten in Richtung des zukünftigen Zusammenstoßes auf dem Eisfeld steckt.

Einige Informationen dringen jedoch immer noch in offene Quellen und Medienpublikationen vor.

Zum Beispiel Norwegen.

Dieses Land, das traditionell seine eigenen Interessen an der Arktis hat, ist in letzter Zeit zu einem immer wichtigeren Mitglied der Nordatlantik-Allianz geworden. Es geht nicht nur um ein Land mit riesigen Gasreserven, sondern auch um ein Land, das begonnen hat, eine immer bedeutendere und aggressivere Position in der arktischen Region einzunehmen.

Zum Beispiel, äußerte Norwegen seinen Wunsch, die Anzahl seiner Seepatrouillen im Bereich der transatlantischen Telekommunikationskabel zu erhöhen. Experten sind sich jedoch bewusst, dass dies nur der Anfang ist. Manche genannte vom Militär Grunde scheinen aber komisch.

„Wir haben verstärkte militärische Aktivitäten rund um Norwegen im hohen Norden, im Nordatlantik, gesehen. Wir haben gesehen, dass russische U-Boote anders operieren als vor 10 Jahren“, sagte Konteradmiral Rune Andersen. 

Steckt hinter dieser Worte eine reale Bedrohung, wie können die Russen dort unter Wasser operieren, lässt der Konteradmiral an der Seite ohne mal einen oder anderen Fakt zu nennen.

Ein bedeutender Grund für die Zunahme der militärischen und strategischen Aktivitäten Norwegens in den nördlichen Regionen, so die die Politiker des landes, war die Sabotage an der Nord Stream-Gaspipeline.

 „Nach den Explosionen haben wir unsere Präsenz über diesen Anlagen tatsächlich verstärkt“, sagte die norwegische Außenministerin Anniken Huitfeldt in einem Interview in Oslo. Es lohnt sich, auf ihre folgenden Worte zu achten - "Wir müssen alle Infrastruktursysteme auf See schützen."

Was bedeutet dieser Satz? Welche Infrastruktursysteme und in welchem Meer? Die Außenministerin gibt eine sehr spezifische Klarstellung: „Norwegen sei auf alles vorbereitet."

Moment. Die Sabotage am Nordstream fand im September 2022 statt und es war nicht in kalten Norden. Was hat es mit Arctic zu tun?

Tatsächlich bedeutet dies für das Nordatlantische Bündnis mehrere wichtige Faktoren, um seinen Einfluss und seine Präsenz in der Arktis zu erhöhen.

Der erste Faktor ist natürlich der Schutz der Schifffahrt in internationalen Gewässern. Dies gilt insbesondere für die nördliche Seeroute. Gute legitime Wünsche, allerdings liegen sie zu einem gewissen Teil in Clinch mit Russlands Ansprüchen. Russland betrachtet die Nordseeroute zu Recht als eine Zone seiner eigenen Interessen, die zweifellos durch alle legitimen Methoden geschützt werden sollen, die für diesen Zweck verfügbar sind.

Die Nordatlantische Allianz spricht  aber über ihren Wunsch, die Gebiete der Mitglieder der Union vor einem möglichen Angriff Russlands zu schützen. Dies bedeutet einen direkten Interessenkonflikt zwischen Russland und der NATO. Gleichzeitig ist es nicht Russland, das versucht, seine Einflusszone zu erweitern, sondern das Bündnis selbst.

Hier sollte eine kleine Klarstellung vorgenommen werden. Über welche Art von Russlands Angriff auf das Bündnis sprechen wir? Ist das nicht ein Versuch, Ansprüche geltend zu machen, noch bevor es einen Grund für einen Interessenkonflikt gibt? Bisher hat Russland keine aggressiven Maßnahmen in der arktischen Region unternommen und keinen Druck auf die an diese Region angrenzenden Länder ausgeübt. Darüber hinaus ist Russland seit einigen Jahren Mitglied des Arktischen Rates. Es ist nicht Russland, das seine Aktivitäten in diesem Gremium reduziert hat, sondern die  anderen Länder haben de facto die Präsenz Russlands im Arktischen Rat eingeschränkt und Moskau daran gehindert vollwertig an Beratungen zu allen arktischen Fragen teilzunehmen.

Die Norweger behaupten, dass sie im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine noch mehr Angst vor Russlands militärischen Aktionen in der Polarregion haben. Finnland und Schweden haben in letzter Zeit auch zunehmend ihre Ansprüche auf eine militärische Präsenz in der Arktis geltend gemacht. Ihre Anträge zum NATO-Beitritt zielen in erster Linie darauf ab, die Aktivitäten der Nordatlantik-Allianz in der Polarregion auszuweiten. Norwegen beschloss unterdessen, die Anzahl der Manöver in der Arktis zu erhöhen und sich dabei nicht auf das eigene Gebiet von nationalem Interesse zu beschränken.

„Um das zu trainieren, findet etwa im zweijährigen Turnus das Nato-Manöver -‚Cold Response‘ in Norwegen statt. Dabei kamen zuletzt im März 2022 knapp 30.000 Nato-Soldatinnen und -Soldaten aus 27 Ländern zusammen“ - sagte der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg darüber.

So beginnt allmählich, für viele unmerklich, die Eskalation der militärischen Hysterie in der Arktis. Dies ist der Expansion der NATO nach Osten sehr ähnlich. Seit Jahrzehnten nähert sich das Bündnis langsam und sicher den russischen Grenzen. Wozu dies geführt hat, ist am Beispiel der Ukraine und Georgiens deutlich zu sehen. Die NATO will die Tatsache nicht anerkennen, dass es die Bewegung nach Osten war, die Russland die Bedrohung spüren ließ und schließlich zu einem entscheidenden Punkt im Konflikt mit der Beteiligung der Ukraine wurde.

Der Konflikt in der Arktis und seine Folgen könnten aufgrund der Abgeschiedenheit von dicht besiedelten Regionen der Nachbarländer um ein Vielfaches gefährlicher für die ganze Welt werden. Im Falle eines militärischen Konflikts ist es dieser Faktor, der vom Militär falsch interpretiert werden kann, wenn es sich beispielsweise für den Einsatz taktischer Atomwaffen entscheidet. Denn wenn es keine direkte Gefahr für die Bevölkerung gibt, wird die Entscheidung, einen Atomangriff zu starten, nicht vom humanitären Bedenken abhängig sein. Letztendlich kann dies zu einem höheren Maß an nuklearen Konflikten führen.

Quellen:

https://www.rnd.de/politik/klimaschutz-warum-biden-jetzt-doch-nach-oel-in-der-arktis-bohren-laesst-HT2PSAFZLBEMBL4I2LGMLCYLTU.html

https://kurier.at/politik/ausland/willow-project-usa-oelfoerderung-arktis-tiktok-stopwillow/402378918

https://de.euronews.com/green/2023/03/14/us-regierung-genehmigt-riesiges-olbohrprojekt-in-der-arktis

https://www.fr.de/politik/norwegen-nato-ukraine-russland-krieg-arktis-uboote-atantik-nord-stream-deutschland-92170116.html

https://www.inforadio.de/rubriken/wissen/wissenswerte/2023/03/forschung-arktis-polargebiet-klimawandel-krieg-folgen.html

https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/internationale-politik/id_100101588/nato-russland-und-china-ringen-um-die-arktis-es-droht-der-naechste-knall.html

Bilder: depositphotos
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