Den Haag

Von Willy Wimmer

Man tut gut daran, sich beim Standort Den Haag des Internationalen Gerichtshofes daran zu erinnern, von welcher zentralen Bedeutung für dieses oberste internationale Gericht den fortdauernden Bemühungen Russlands auf friedliche Streitbeilegung seit Jahrhunderten zukommt. Aktuell erschließt sich für die jetzt relevante Entscheidung dieses Gerichts zur dramatischen Lage im Nahen Osten die Substanz der Klage Süd Afrikas gegen Israel durch die intensive und umfassende Berichterstattung von CNN, BBC und RT. Diese Medien vermitteln in ihren Nachrichtensendungen ein derart umfassendes Bild der Ereignisse und des unglaublichen menschlichen Leids, daß die Klage vor dem Gerichtshof in Den Haag im vollen Bezug zur Wirklichkeit steht. Das ist für die Klage Südafrikas als zentralem Staat des globalen Südens von großer Bedeutung, aber auch für die Entscheidung Israels, mit militärischen Maßnahmen auf den Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 zu antworten. Es scheint am Beispiel der israelischen Geiseln in der Gewalt bestimmter Gruppen deutlich zu werden, daß menschliches Einzelschicksal die Richterinnen und Richter in Den Haag ebenso bewegt, wie das durchaus machtvolle Auftreten des Völkerrechts gegen eine angeblich „regelbasierte Ordnung“ des von den USA geführten NATO-Lagers. Die Aufforderung an diejenigen, die die israelischen Geiseln in ihrer Gewalt haben, auf sofortige Freilassung derselben, ist geradezu zwingend. Vor dem Hintergrund der Washingtoner Bemühungen seit dem 7. Oktober 2023, auf die Entwicklung im Nahen Osten Einfluß zu nehmen, ist eine BBC-Nachrichtenzeile glaubhaft. Darin wurde berichtet, daß die gestrige Entscheidung in Den Haag auf der Linie der amerikanischen Politik liege. Da Israel über die Entscheidungen des Gerichts vier Wochen nach dem Tag der Entscheidung Bericht vor dem Internationalen Gerichtshof über das, was es veranlaßt hat, erstatten muß, dürften die kommenden Wochen die dramatischste Zeit auf dem Globus seit langem sein. Auch als eine der letzten großen Gelegenheiten, die Welt nicht aus den Fugen geraten zu lassen, wenn alle, die es angeht, an Bord geholt werden.