Willy Wimmer, Staatssekretär a.D., am Telefon im Gespräch mit Prof. Dr. Alexander Sosnowski, Chefredakteur World Economy
WE: Die EU plant ihren Botschafter aus Russland abzuberufen. Kann man das als eine Kriegserklärung werten?
Das muss man in dem Zusammenhang sehen, der von der britischen Premierministerin May hergestellt worden ist. Und zwar durch ihre unqualifizierten und friedensgefährdenden Angriffe auf die Russische Föderation und auch auf den russischen Präsidenten Putin in dieser Angelegenheit. Wenn wir uns mit der europäischen Wirklichkeit beschäftigen, dann müssen wir sehen, dass es eine Reihe von europäischen Staaten gibt, die die Darstellung der britischen Premierministerin nicht nur anzweifeln, sondern darauf aufmerksam machen, dass ihre Äußerungen in rechtlicher Hinsicht gegen jeden europäischen Standard verstoßen und auch ein eklatanter Verstoß gegen diplomatische Gepflogenheiten sind. Das heißt, wir haben in Europa eine Situation, in der Frau May eine gewisse Form von Unterstützung gegeben wird, aber, auf der anderen Seite, der Druck auf sie erhöht wird, die haltlosen Beschuldigungen der Russischen Föderation und ihres Präsidenten entweder zurück zu nehmen oder sich massiv zu entschuldigen.
WE: Wie kann Russland darauf reagieren? Und soll es das überhaupt?
Die Vorwürfe, die von Theresa May gekommen sind und die durch Bundeskanzlerin Merkel und den französischen Präsidenten Macron verstärkt wurden, sind friedensgefährdend. Und deswegen hat die Russische Föderation, nach meinem Verständnis, jedes Recht und jede Verpflichtung sich auf eine solche friedensgefährdende Maßgabe durch die britische Regierung und die britische Premierministerin einzustellen. Die britische Regierung hat jedes Recht jeden Kriminalfall auf ihrem Territorium aufzuklären. Sie muss es aber nach den geltenden rechtlichen Standards in Europa machen und darf keine grundlosen Behauptungen gegen einen anderen Staat aufstellen. Dieser Staat, der von der britischen Premierministerin grundlos beschuldigt worden ist, hat seinerseits jedes Recht seine Interessen gegenüber der britischen Regierung und, natürlich, auch der Europäischen Union wahrzunehmen.
WE: Hat Deutschland, nachdem auch die Kanzlerin Merkel diese Erklärung unterzeichnet hat, nun endgültig seine Führungsrolle in Europa eingebüßt?
Willy Wimmer:
Die Bundesrepublik Deutschland hat ihre - in der Zeit des Kalten Krieges errungene - unabhängige Position mit dem völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien 1999 verloren. Und seitdem sind wir ein Wurmfortsatz der amerikanischen und angelsächsischen Politik geworden. Und das wird sich mit dem neuen amerikanischen Sicherheitsberater John Bolton, der einer der übelsten Kriegstreiber überhaupt in den letzten Jahrzehnten gewesen ist, vermutlich noch verschärfen.
WE: Herr Wimmer, wir danken Ihnen für Ihre Einschätzung.
Bilder: @depositphotos @bundesregierung
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