Ab 1. März 2023 wird zurückgeschossen – einige Bemerkungen zu deutschen und polnischen Kriegshandlungen im Ukraine-Konflikt

Von Helmut Roewer

In diesem Beitrag notiere ich einige Gedanken über unsern Nachbarn Polen und sein Verhältnis zu Deutschland, Russland und den USA. Anlass für dieses Besinnen ist der gegenwärtige Ukraine- Konflikt, in dem Deutsche und Polen nach meinem Eindruck so gut wie nie mit einer Stimme sprechen.

Beginnen wir mit meinem Sudelbuch-Eintrag von heute, dem 2. März 2023. Der geht so:

Nachrichtenagentur Nowosti: „Heute am 1. März um 08:40 Uhr griff ein deutscher Leopard 2 [A 5] Panzer in der Nähe von Artjomowsk an. Unsere Jungs waren schockiert von dem, was sie sahen... Aber nach 100 Metern war diese 60- Tonnen-Maschina völlig im Schlamm versunken. Einem Trupp unserer Soldaten gelang es, sich schnell zu orientieren und durch ein geschicktes Manöver den feindlichen Panzer mitsamt seiner polnischen Besatzung zu erbeuten.“

Leopard (2): Zweifel an der Echtheit des Fotos sind erlaubt. Die beiden Luken im Turm sind geschlossen. Die (polnische) Besatzung wurde angeblich gefangen genommen. Da müssen die Luken offen gewesen sein. Und hinterher macht jemand von außen die Luken zu? Kann ich mir nicht vorstellen.

Leopard (3): Falls die Geschichte stimmt, muss jemand einen einzelnen Panzer eingesetzt haben. Wo kam der her, und was wollte der da in der Mitte des Frontbogens im Schwerpunkt der Kämpfe in Artjomowsk (ukrainisch: Bachmut)? Falls es stimmt, waren da absolute Laien am Werke (? oder Überläufer).

Ende Februar hatte ich mir notiert, dass die Polen mit großem öffentlichem Tamtam einige Leopard 2-Panzer an die Ukraine übergeben haben. Genaue Zahlen wurden nicht genannt. Die Minister beider Seiten mischten sich volksnah unter die Panzersoldaten, denen man ihre Nationalität an der Nasenspitze nicht ansah.

Der Kriegseinsatz der Leos ist in mehrfacher Weise problematisch. Es geht hier auch um die Frage, ob die hieran beteiligten Dritten (Polen und Deutschland) sich an einem fremden Krieg durch Kriegshandlungen beteiligen. Hierzu gibt es einander widersprechende kriegs- völkerrechtliche Theorien, die dies bejahen bzw. verneinen. Aus meiner Sicht kommt es allein auf die Sicht desjenigen Staates an, der die fragliche Unterstützung ohne seinen Willenm hinnehmen muss. Fühlt er sich angegriffen, befinden sich die Unterstützerstaaten mit ihm – in diesem Fall mit Russland – im Krieg.

Kommen dann noch plumpe verbale wortwörtliche Kriegs-Erklärungen eines der Unterstützerstaaten hinzu („Wir befinden uns mit Russland im Krieg“), wie die außenpolitische Komplett-Laiin Annalena Bb. vollmundig tönte, dürften auf russischer Seite die letzten Zweifel ausgeräumt sein. Man kann nun einwenden, dass die Russen seit dem ersten Auftreten der deutschen Außenministerin in Moskau Anfang Februar 2022 über die Qualitäten der Dame unterrichtet sind, als sie ihrem darob entgeisterten Kollegen Lawrow im Angesicht des eskalierenden Ukraine-Konflikts vorschlug, über die Vorzüge der Windkraft zu sprechen. Tags drauf, am 13. Februar 2022, gab Putin eine denkwürdige Pressekonferenz, auf der viel gelacht wurde.

Doch kommen wir zu den Polen und den Deutschen zurück. Wer erinnert sich heute noch an das Weimarer Dreieck, als Deutschland Frankreich und Polen in den 1990er Jahren versuchten, einen gemeinsamen sicherheitspolitischen Standort zu formulieren? Aus und vorbei. Die Staaten sprechen seit Jahren nicht mit einer Zunge – und in Sachen Ukraine-Konflikt werden die Differenzen offen sichtbar. Die polnische Seite tut sich keinen Zwang an, in Richtung Deutschland Zensuren und Belehrungen zu erteilen. Der polnische Außenminister tat dies erst jüngst in der letzten Februarwoche 2023. Das offizielle Deutschland nimmt diese Unverschämtheiten unwidersprochen hin. Ich habe nicht vor, hier ein Fass mit den Feindseligkeiten der letzten 30 Jahre zu öffnen.

Wichtig erscheint mit im Moment allein der Ukraine-Konflikt. Nach meinem Eindruck unternimmt Polen alles mögliche, um endlich auch offizielle Kriegspartei zu werden – vermutlich hat es dabei m Hinterkopf, so den Nato-Bündnisfall auslösen zu können. Hierher gehört nicht nur der (? provozierte) Einschlag einer ukrainischen Rakete auf polnischem Boden, die flugs und zu unrecht als russischer Angriff bezeichnet wurde, sondern es wird unter polnischen Offiziellen ganz offen erwogen, die polnischen Grenzen nach Osten zu verschieben. Hierzu werden vermeintliche Ansprüche aus der Zeit vor 1945 bemüht, als Stalin und Churchill (mit Billigung Roosevelts) den gesamten wieder-zu-errichtenden polnischen Staat mit einem Federstrich nach Westen bis zur Oder verschoben hatten.

Als aufmerksamer Deutscher stutzt man: Revision der Beschlüsse der Großen Drei von Teheran 1943? Was ist dann mit den als Kompensation abgetrennten ehemals deutschen Ostgebieten? Vergessen wir das mal, um die Debatte nicht zu verzetteln. Fest steht indessen der Wunsch des offiziellen revisionistischen Flügels der polnischen Politik der Drang nach Osten. Lemberg-Lwow-Lwiw ist das Minimum des Begehrten.

Um diesem Wunschtraum näher zu kommen, wurden mit der Selenskyj-Regierung Absprachen getroffen, die es polnischen Staatsbürgern ermöglichen, ukrainische Staatsämter einzunehmen. Groß soll zudem die Zahl polnischer Legionäre sein, die in der Ukraine bewaffnet Dienst tun. Die Nachrichten, die über beide Vorgänge nach Deutschland gelangen, sind vage und widersprüchlich. Ich gebe zu: Darüber wüsste ich gerne Verlässliches. Die Ukrainer indessen, sie müssen das doch mitkriegen, wenn im Westen des Landes plötzlich verstärkt polnisch gesprochen wird.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass denjenigen, die jetzt während des Ukraine-Konflikts ihren ukrainischen Nationalismus entdeckt haben, das polnische Vorgehen gleichgültig sein könnte. Vielmehr halte ich es für wahrscheinlich, dass die Feindseligkeiten zwischen beiden Nationen aus den 1920er/30er Jahren fröhliche Urständ feiern – in Erinnerung an die polnischen Ausrottungsbemühungen gegenüber den Ukrainern auf dem damals polnischen Staatsgebiet. Hier bahnt sich ein Konflikt an – oder ist bereits im Gange –, der mit dem Krieg im Donbass nicht das Geringste zu tun hat. Er findet vielmehr unter dem Deckmantel dieses Krieges statt. Bei diesem polnisch-ukrainischen Konflikt gilt für Deutschland, sollte es klug handeln, eines: Raushalten.

Wenn die Lage bislang zwischen Polen und der Ukraine sowie zwischen Polen und Russland noch nicht bis zum Äußersten eskaliert ist, so liegt das am Einfluss der USA. Polen ist in der US- Strategie der vorgeschobene Posten Richtung Russland. Es ist der Rammbock, um die benachbarte Ukraine unter amerikanische Kontrolle zu bringen und auf diese Weise Russland zu schaden. Eine einfache Erwägung, die man bei den Chefdenkern, wie dem nunmehr verstorbenen Zbigniew Brzezinski nachlesen kann. Nebenbei bemerkt: Der Mann war ausweislich seines Namens polnischer Herkunft.

Ich weiß nicht, was US-Präsident Biden bei seinem Blitzbesuch in Polen Ende Februar 2023 den mit den Füßen scharrenden Polen versprochen hat – jedenfalls aus deutscher Sicht nichts Gutes. Klar ist nur: Die US-Regierung will keinen Waffenstillstand. Sie wollte ihn im März/April 2022 nicht, als sie den britischen PM Boris Johnson nach Kiew schickte, um das Istanbul- Abkommen zu verhindern, was dann auch geschah. Und sie will ihn auch heute nicht, wie die Reaktion auf die chinesische Friedensinitiative vom Ende Februar 2023 zeigt. Diese wurde am 1. März 2023 mit für China beleidigenden Worten durch den US-Sicherheitsrat zurückgewiesen: Man dulde kein Abkommen, das den Russen das Töten von Ukrainern erleichtere.

Die Amerikaner wollen keinen Frieden, den sie nicht selbst diktieren können. Und dass sie das im Moment könnten, sieht nicht so aus. Also muss weiter gekämpft und gestorben werden. Das mag gefallen, wem will – mir jedenfalls nicht. Ich wiederhole hier gerne, was am vergangenen Wochenende auf deutschen Straßen zu lesen war: Ich bin nicht im Krieg mit Russland.

©Helmut Roewer, März 2023

Bilder: depositphotos
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