Deutschland stößt das Tor zum großen Krieg auf / Endsiegsphantasien im Bundestag

Von Hans-Georg Münster

Deutschland hat sich „fest und unverbrüchlich“ auf die Seite der Ukraine gestellt und will das Land militärisch so weit aufrüsten, dass es bald Ziele im tiefen russischen Hinterland, also bis kurz vor Moskau, angreifen kann. Dies beschloss der Deutsche Bundestag am 22. Februar 2024. Das Parlament hat damit das Tor zu einem neuen Krieg in Europa aufgestoßen. Der wahre Charakter der Reden von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) über die in fünf Jahren zu erreichende Kriegstauglichkeit Deutschlands und die Wiedereinführung der Wehrpflicht tritt damit deutlich zutage: Deutschland will und wird Kriegseilnehmer werden. In Berlin gehen wieder Endsiegsphantasien um.

Der im Reichstagsgebäude tagende Bundestag beschloss mit Mehrheit der Ampel-Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und FDP einen Antrag mit verbindlichen Handlungsanweisungen an die Bundesregierung. Das tat man, um am zweiten Jahrestag des Beginns der militärischen Auseinandersetzungen in der Ukraine ein Zeichen zu setzen. Ungeplant setzten die geschichtslosen, aber siegessicheren deutschen Politiker ein ganz anderes Zeichen: Im Berliner Reichstagsgebäude endeten 1945 die Endsiegsphantasien der Nazis endgültig im Kugelhagel der Roten Armee. 

Das hinderte die Berliner Koalition nicht, in ihrem Beschluss neue Endsiegsphantasien zu verbreiten. Allerdings strotzt das Papier von Fehlern. Es ist schon lange bekannt, dass am Ende falscher Analysen und Zustandsbeschreibungen immer falsche Konsequenzen stehen. Das beginnt schon mit dem Titel des Antrags: „Zehn Jahre russischer Krieg gegen die Ukraine – die Ukraine und Europa entschlossen verteidigen“. Der Text blendet die Vorgeschichte und die Mitverantwortung der Ukraine, zum Beispiel durch den Bruch des Minsker Abkommens und die brutale Unterdrückung der russischstämmigen Bevölkerung, völlig aus. Stattdessen wird die ukrainische Propaganda ungeprüft übernommen: „Bisher wurden nach ukrainischen Angaben 20.000 ukrainische Kinder nach Russland und Belarus deportiert, ihren Familien entrissen, aus Kindereinrichtungen, Waisenhäusern und Schulen verschleppt, in russischen Umerziehungslagern einer Gehirnwäsche unterzogen und teils in Russland zur Adoption freigegeben.“ Beweise für diese Behauptungen werden nicht genannt; stattdessen wird behauptet: „Es geht der russischen Führung um die Vernichtung der Ukraine, eines Landes mit über 40 Millionen Bürgerinnen und Bürgern, ihrer Sprache, Identität und Kultur.“

Im militärischen Teil des Antrags wird eine massive Aufrüstung Deutschlands und eine stärkere Belieferung der Ukraine mit weitreichenden Waffen gefordert. Damit soll die Ukraine in die Lage versetzt werden, „gezielte Angriffe auf strategisch relevante Ziele weit im rückwärtigen Bereich des russischen Aggressors zu ermöglichen“. Die Lieferung der von der Ukraine gewünschten deutschen Taurus-Raketen wird nicht ausdrücklich erwähnt, aber ausgeschlossen ist ihre Lieferung mit diesem Beschluss auch nicht. Die Lieferung von Taurus wird ausdrücklich von der CDU/CSU-Opposition gefordert, die in diesen Zeiten noch stärker auf Krieg drängt als die bellizistische Regierungskoalition. Das Kriegsziel wird klar und deutlich von der Koalition formuliert: „Ziel muss es sein, dass die Ukraine diesen Verteidigungskampf gewinnt. Russland darf aus diesem Krieg nicht gestärkt hervorgehen.“

Zu den Endsiegsphantasien in dem Beschluss gehört die Forderung, russisches Auslandsvermögen zu enteignen und für die Ukraine nutzbar zu machen. Außerdem soll Russland nach seiner Niederlage 486 Milliarden US-Dollar an Reparationen für die Beseitigung von Kriegsschäden zahlen: „Der Deutsche Bundestag unterstreicht, dass Russland für diese Schäden wird einstehen müssen.“ Verantwortliche aus russischer Regierung und des Militärs sollen darüber hinaus vor ein internationales Strafgericht gestellt werden. Der Bundestag schreibt sogar von einem „Sondergericht“. Dort werden bekanntlich die Rechte der Verteidigung kaum oder gar nicht respektiert, sondern Sondergerichte pflegen schnelle Urteile zu fällen. Auf rechtsstaatliche Verfahren darf man bei Sondergerichten nicht hoffen. 

Mit diesem Beschluss tritt das deutsche Kriegsziel klar zu Tage: Die Durchhaltefähigkeit der ukrainischen Hilfstruppen soll gestärkt werden, bis die Bundeswehr kriegstauglich ist und dann von Litauen aus über Belarus nach Osten und Südosten vorstoßen und Entsatz für die ukrainischen Streitkräfte leisten kann. Außerhalb des Bundestages werden solche Strategien bereits klar bestätigt. So sagt die NATO-Expertin und frühere Leiterin des NATO- Foresight-Teams in Brüssel, Stefanie Babst: „Wir wollen diese russische Bedrohung reduzieren und am liebsten ausschalten.” Klarer geht es nicht.

Bezahlen werden die Kriegslust ihrer Regierenden wieder einmal die Deutschen, die im Grunde friedfertig sind, aber die Politik ihrer Regierung nicht begreifen. Absolut sicher sind bereits massive Wohlstandsverluste durch die Stützung der korrupten Regierung in Kiew und die Aufrüstung des dortigen Militärs sowie die Umstellung der Bundeswehr auf Kriegstauglichkeit. „Kanonen und Butter wird es nicht geben. Das ist Schlaraffenland“, erklärte etwa Clemens Fuest vom Ifo-Wirtschaftsinstitut in München. Das heißt, die Kriegsvorbereitungspolitik wird zu einer Kürzung von Renten und Sozialleistungen führen. Das wäre aber schließlich egal, wenn die Berliner Politik tatsächlich in einer heißen Kriegsphase mündet. Im atomaren Massengrab wird kein Sozialstaat mehr benötigt. 

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