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Braune Zukunft der Ukraine?

Am 30. Dezember unterschrieb der ukrainische Präsident Petro Poroschenko ein Gesetz, nachdem die Einfuhr ausländischer Bücher, die als antiukrainisch eingestuft werden können, verboten wird. Man kann wohl davon ausgehen, dass in der Ukraine eigens dafür ein Staatsapparat für Zensur geschaffen werden wird, welcher dann darüber befinden darf, welche Bücher verboten gehören und welche nicht.

Am 1. Januar marschierten durch Kiew - die ukrainische Hauptstadt - etwa tausend ukrainische Nationalisten, uniformiert, teilweise maskiert, mit Fackeln und Bildern des ukrainischen Nationalistenführers Stepan Bandera in den Händen. 

Wollte Europa wirklich gerade das in ihrem Haus sehen?

Jan Tscherny, Politologe, Kolumnist bei World Economy

Wo sind die Menschenrechtler und Politiker, die sich sonst so laut über die fehlende Meinungsfreiheit und den Rechtspopulismus in einigen anderen Ländern beschweren?

„In den westlichen Medien wird die Rolle der ukrainischen Rechten inzwischen kleinlaut zugegeben“, - schreibt immerhin die Internetzeitung „Contra-Magazin“. 

Fakelmarsch und Bücherverbot in der Ukraine, die in Deutschland zu einem Aufschrei und einer medialen Kampagne gegen das „Böse“ geführt hätten, wurden von den westlichen Medien weitgehend ignoriert oder nur am Rande erwähnt.

Schon seit Beginn der sogenannten Majdan-Revolution haben Nationalisten eine Vorreiterrolle gegen die damalige ukrainische Staatsmacht übernommen. 

Schnell organisiert und teilweise mit Feuerwaffen ausgerüstet, haben sie ohne Rücksicht auf die zivile Bevölkerung regelrechte Kämpfe geführt. Darüber hat „World Economy“ schon mehrmals berichtet.

Und es waren ebenfalls Angehörige der Rechten, die mit ihren Kampfbataillonen unter verschiedenen Namen (Azov, Swoboda etc.) bei der so genannten ATO (anti-terroristische Operation) als „Fremdenlegion“ in die Ostukraine marschierten und dort an verschiedenen Kämpfen teil nahmen. Es gibt mehrere Berichte darüber, dass die „Freiwilligen“ Gräueltaten, wie Folter und Massaker an Gefangenen, ebenso, wie an der Zivilbevölkerung, begangen haben.

Wie könnte es auch anders sein, wenn die ideologische Basis für diese Bataillone rechtspopulistische oder gar radikale Parteien wie „Swoboda“ (Freiheit) bilden. 

Diese Partei behauptet von sich, eine Nachfolgerin von den rechtsnationalistischen Bewegungen OUN-UPA zu sein, die während des zweiten Weltkriegs eng mit Nazi-Deutschland kollaboriert hatten.

„In den vergangenen Jahren organisierte Swoboda zudem mehrfach Ehrungen und Kundgebungen, um an den "heldenhaften" Kampf der UPA und der Waffen-SS-Division "Galizien" zu erinnern. Auch der Schlachtruf des Majdan ("Ruhm der Ukraine" - "Den Helden Ruhm") ist eine Parole der OUN“,- berichtet im März 2014 „Panorama“. (Was hinter der Swoboda-Partei steckt. März 2014 http://daserste.ndr.de/panorama/aktuell/Was-hinter-der-Swoboda-Partei-steckt,ukraine359.html)

Und weiter: Die “Ukrainische Aufständische Armee” (“Ukrajinska Powstanska Armija”, UPA) war an der Ermordung zehntausender Juden, Polen und Russen beteiligt.“ 

Auch bei der von den Staatsorganen immer noch nicht aufgeklärten Erstürmung des Gewerkschaftshauses in Odessa im Mai 2015, waren Angehörige der Rechten an vorderster Front. Die Erstürmung endete bekanntermaßen mit dutzenden Todesopfern. 

Presse- und Meinungsfreiheit: nichts davon 

Das bereits erwähnte, von Präsident Poroschenko unterschriebene Gesetz verbietet ausländische Bücher, welche, nach Ansicht Kiews, Russland und dessen Führung verherrlichen. Unter das Verbot fallen, zum Beispiel, auch die Bücher von Alexander Solschenizyn, einem großen Schriftsteller und weltbekanntem Dissidenten, einem erklärten Gegner der Sowjets. Ebenfalls verboten sind sogenannte „anti-ukrainische“ Bücher, Bücher, die zum Staatsstreich, zum Krieg oder Rassenhass aufrufen, wie auch Bücher mit „totalitären Ansichten“. In erster Linie sind natürlich russische Bücher gemeint, welche nach Ansicht der ukrainischen Regierung der Ukraine schaden zufügen könnten. Ob Hitlers „Mein Kampf“ auch dazu zählt, ist nicht bekannt. Es wäre aber schön, wenn das ukrainische Staatsoberhaupt hier Klarheit schaffen könnte.

Fall Ruslan Kotsaba

Wie schlimm es tatsächlich um die Meinungsfreiheit in der Ukraine bestellt ist, durfte der ukrainische Journalist Ruslan Kotsaba vor dem Europäischen Parlament berichten (allerdings weitgehend unbeachtet von der westeuropäischen Presse). Kotsaba hatte sich im Januar 2015 in einem Videoblog für ein Ende der Kämpfe im Donbas ausgesprochen und ukrainische Männer zur Kriegsverweigerung aufgefordert. Er war daraufhin verhaftet und zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt worden. Dank nicht nachlassender Bemühungen seiner Freunde, wurde er im Juli 2016 vorzeitig aus der Haft entlassen. 

„Ruslan Kotsaba war einer der ersten Korrespondenten, die sowohl von ukrainischer als auch von pro-russischer Seite berichteten, aber er tat dies anders als die anderen ukrainischen Medien, die seiner Meinung nach, kein realistisches Bild von dem Krieg vermittelten“ - so der Deutschlandfunk in dem Artikel „Unerwünschte Meinung“ vom Juni 2016.

Nach und nach verliert die Ukraine die schönen Gelb-Blauen Farben ihrer Flagge, die immer mehr einen bedrohlichen Stich ins Braune bekommen. Es wird langsam Zeit, dass man Deutschland und Europa aufhört die Augen davor zu verschließen. Es geht letztendlich darum, dass in der Ukraine grundlegende europäische Werte missachtet werden - und damit in einem Land, welches ein Teil der EU sein will.

Der Artikel war schon fertig gestellt, als BBC vermeldete, dass der russische Fernsehsender „Dozhd“ (Rain) in der Ukraine ab sofort verboten ist. Zur Info: „Dozhd“ zählt zu den wenigen russischen Medien, welche in Deutschland und ganz Europa als „unabhängig“ gelten.

Halleluja …

Die Meinung des Autors kann von der Meinung der Redaktion abweichen. Die Redaktion räumt dem Autor gemäß Artikel 5 des deutschen Grundgesetzes das Recht ein, seine Meinung frei zu äußern

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Quellen:

http://www.deutschlandfunk.de/haftstrafe-fuer-ukrainischen-kriegsreporter-unerwuenschte.1773.de.html?dram:article_id=356382

http://www.world-economy.eu/pro-contra/details/article/wird-die-ukraine-in-europa-ankommen/

http://www.world-economy.eu/pro-contra/details/article/ukraine-ein-land-der-korruption-und-enttaeuschung/

http://www.world-economy.eu/pro-contra/details/article/die-freiheit-der-verbote/

http://www.world-economy.eu/pro-contra/details/article/wohin-steuert-kiew/

https://www.contra-magazin.com/2017/01/ukraine-tausende-nationalisten-und-faschisten-marschieren-durch-kiew/

http://www.bbc.com/russian/news-38598237